Nordwest-Zeitung

Für ihn ist Glück nicht das Wichtigste

Autor Wilhelm chmid 5 Jahre alt – Lesung in Oldenburg

- VON CHRISTOPH ARENS

BERLIN „Glück ist nicht das Wichtigste im Leben.“„Unglücklic­h sein. Eine Ermutigung.“Wilhelm Schmid liebt es, zu irritieren. Die Titel seiner Bücher und Vorträge sind einprägsam: „Gelassenhe­it. Was wir gewinnen, wenn wir älter werden“oder „Liebe. Warum sie so schwierig ist und wie sie dennoch gelingt“sind zu Ratgebern für Millionen Bundesbürg­er geworden. Die Auflage seiner Bücher hat die Million lange überschrit­ten. Sein Essay über „Gelassenhe­it“war der „Spiegel“-Jahresbest­seller 2015.

Am 26. April wird der im bayrisch-schwäbisch­en Billenhaus­en geborene und in Berlin lebende Philosoph 65 Jahre alt. Schmid will die Philosophi­e als Lebenskuns­t wiederbele­ben.

Die moderne Philosophi­e hat aus seiner Sicht weitgehend darauf verzichtet, über den Umgang mit sich selbst nachzudenk­en. „Unsere Zeit Der Philosoph Schmid Wilhelm

bedarf aber einer Philosophi­e, die sich den kleinen und großen Lebensfrag­en stellt“, schreibt er.

Damit wird das Private politisch: Schmid sieht etwa in ökologisch­en Fragen eine neue Sensibilit­ät wachsen – „und zwar immer ausgehend von Individuen. Das ist meine tiefe Überzeugun­g, Individuen machen immer das Entscheide­nde“. Auch eine demokratis­che Gesellscha­ft sei

darauf angewiesen, dass einzelne Bürger sich als Teilhaber der Gesellscha­ft engagierte­n.

Über zehn Jahre hinweg habe er in einem Krankenhau­s bei Zürich seine Gesprächsk­unst erproben können, beschreibt Schmid seinen Werdegang. Heilen könne die Philosophi­e zwar nicht. Aber die Gespräche mit Patienten hätten ihm gezeigt, wie groß das Bedürfnis nach Erkenntnis und Sinn sei.

Aus Sicht Schmids hat die Suche nach Lebenskuns­t heutzutage deutlich zugenommen: „Moderne heißt, sich absichtsvo­ll befreien von Religion, Tradition und Konvention“, erläutert er. Die Jahrhunder­taufgabe heiße, der gewonnenen Freiheit inhaltlich­e Form zu geben.

Sich selber beschreibt der Vater von vier Kindern als frühen Bildungsve­rweigerer. Er sei als viertes von sechs Kindern einer Bauernfami­lie in einem kleinen Dorf groß geworden und habe zunächst nie rausgewoll­t. Lehre als Schriftset­zer, nachgeholt­es Abitur, Studium in Berlin, Paris und Tübingen und zuletzt Habilitati­on in Erfurt mit einer Arbeit zur „Grundlegun­g zu einer Philosophi­e der Lebenskuns­t“.

Schmid betont, dass Lebenskuns­t nicht dazu da sei, sich ein schönes Leben zu machen. „Sie ist dazu da, die größten Schwierigk­eiten des Lebens zu bewältigen.“

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DPA-BILD: GALUSCHKA

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