Für ihn ist Glück nicht das Wichtigste
Autor Wilhelm chmid 5 Jahre alt – Lesung in Oldenburg
BERLIN „Glück ist nicht das Wichtigste im Leben.“„Unglücklich sein. Eine Ermutigung.“Wilhelm Schmid liebt es, zu irritieren. Die Titel seiner Bücher und Vorträge sind einprägsam: „Gelassenheit. Was wir gewinnen, wenn wir älter werden“oder „Liebe. Warum sie so schwierig ist und wie sie dennoch gelingt“sind zu Ratgebern für Millionen Bundesbürger geworden. Die Auflage seiner Bücher hat die Million lange überschritten. Sein Essay über „Gelassenheit“war der „Spiegel“-Jahresbestseller 2015.
Am 26. April wird der im bayrisch-schwäbischen Billenhausen geborene und in Berlin lebende Philosoph 65 Jahre alt. Schmid will die Philosophie als Lebenskunst wiederbeleben.
Die moderne Philosophie hat aus seiner Sicht weitgehend darauf verzichtet, über den Umgang mit sich selbst nachzudenken. „Unsere Zeit Der Philosoph Schmid Wilhelm
bedarf aber einer Philosophie, die sich den kleinen und großen Lebensfragen stellt“, schreibt er.
Damit wird das Private politisch: Schmid sieht etwa in ökologischen Fragen eine neue Sensibilität wachsen – „und zwar immer ausgehend von Individuen. Das ist meine tiefe Überzeugung, Individuen machen immer das Entscheidende“. Auch eine demokratische Gesellschaft sei
darauf angewiesen, dass einzelne Bürger sich als Teilhaber der Gesellschaft engagierten.
Über zehn Jahre hinweg habe er in einem Krankenhaus bei Zürich seine Gesprächskunst erproben können, beschreibt Schmid seinen Werdegang. Heilen könne die Philosophie zwar nicht. Aber die Gespräche mit Patienten hätten ihm gezeigt, wie groß das Bedürfnis nach Erkenntnis und Sinn sei.
Aus Sicht Schmids hat die Suche nach Lebenskunst heutzutage deutlich zugenommen: „Moderne heißt, sich absichtsvoll befreien von Religion, Tradition und Konvention“, erläutert er. Die Jahrhundertaufgabe heiße, der gewonnenen Freiheit inhaltliche Form zu geben.
Sich selber beschreibt der Vater von vier Kindern als frühen Bildungsverweigerer. Er sei als viertes von sechs Kindern einer Bauernfamilie in einem kleinen Dorf groß geworden und habe zunächst nie rausgewollt. Lehre als Schriftsetzer, nachgeholtes Abitur, Studium in Berlin, Paris und Tübingen und zuletzt Habilitation in Erfurt mit einer Arbeit zur „Grundlegung zu einer Philosophie der Lebenskunst“.
Schmid betont, dass Lebenskunst nicht dazu da sei, sich ein schönes Leben zu machen. „Sie ist dazu da, die größten Schwierigkeiten des Lebens zu bewältigen.“