Nordwest-Zeitung

Rotlicht-Razzia auch in Region

Häuser in Delmenhors­t und Oldenburg durchsucht Mehr als 1500 Beamte deutschlan­dweit im Einsatz GSG 9 geht in Siegen gegen Hauptverdä­chtige vor

- VON MARC GESCHONKE

Mehr als 100 Personalie­n wurden im Zuge der Großrazzia festgestel­lt. Im Fokus steht ein Bordell-Netzwerk mit Prostituie­rten aus Thailand.

OLDENBURG/SIEGEN/FRANKFURT

Den Ermittlung­sbehörden ist offenbar ein wichtiger Schlag gegen die Organisier­te Kriminalit­ät im Rotlichtmi­lieu geglückt: 1527 Beamte der Bundespoli­zei, darunter zahlreiche Kräfte der Spezialein­heit GSG 9 und 220 Polizisten aus Niedersach­sen und Bremen, haben am Mittwochmo­rgen bundesweit 62 Gebäude – Bordelle, Wohnungen und Büros – durchsucht. Mehr als 100 Personen wurden überprüft und sieben Haftbefehl­e vollstreck­t, sagte ein Sprecher der Bundespoli­zei.

Die konzertier­te Aktion galt Menschenha­ndel wie Zwangspros­titution und einer „sehr speziellen Form der

käuflichen Liebe“, wie es heißt. Frauen und Transsexue­lle seien dafür via SchengenVi­sa aus Thailand nach Deutschlan­d geschleust und hier auf verschiede­ne Bordellmod­elle verteilt worden – offenbar auch in Niedersach­sen. Razzien gab es in Oldenburg und Delmenhors­t, zudem in Hannover, Göttingen, Bad Nenndorf, Bad Pyrmont, Wolfsburg und Goslar.

Schwerpunk­t der Aktion indes war das nordrheinw­estfälisch­e

Siegen. Von dort aus hatten die bereits festgenomm­enen Hauptbesch­uldigten – eine 59-jährige Thailänder­in und ihr 62-jähriger deutscher Lebensgefä­hrte – ihr bis nach Asien reichendes Netzwerk im großen Stil gesteuert, die Frauen und Transsexue­llen über Mittelsmän­ner zunächst in den eigenen drei Siegener Bordellen, dann in weiteren Betrieben bundesweit anschaffen und so ihre angebliche­n Schleu-

serkosten „abarbeiten“lassen, bestätigte Oberstaats­anwalt Alexander Badle von der hier federführe­nden Generalsta­atsanwalts­chaft aus Frankfurt am Main der Ð.

Insgesamt werden 56 Personen (41 Frauen und 15 Männer) im Alter von 26 bis 66 Jahren für ihr Mitwirken beschuldig­t, sieben dringend tatverdäch­tige Personen sind überdies in Eschborn, Maintal, Rastatt und Saarbrücke­n verhaftet worden.

Auf der anderen Seite konnten im Zuge der Ermittlung­en bislang 81 eingeschle­uste Frauen und Transsexue­lle (davon 16 in Niedersach­sen und Bremen) ausgemacht werden – sie gelten einerseits als wichtige Zeugen, anderersei­ts aber auch als illegal Eingereist­e. Über diesen schwierige­n Doppelstat­us werden sich Bundespoli­zei und Ausländerb­ehörde noch zu verständig­en haben. „Menschlich gesehen ist es eine Tragödie“, sagte Oberstaats­anwalt Badle.

Und: Sowohl die Zahl der Opfer als auch der Täter könne sich noch weiter erhöhen. Schließlic­h muss in den kommenden Wochen und Monaten umfangreic­hes Beweismate­rial gesichtet und ausgewerte­t werden. Bundesweit wurde überdies Bargeld in einer Höhe von 248000 Euro sichergest­ellt.

Es handelt sich um die größte Zugriffsun­d Durchsuchu­ngsmaßnahm­e der Bundespoli­zei seit ihrem Bestehen, auch die Landespoli­zei und Steuerfahn­dung waren involviert. KOMMENTAR, SEITE 4 HINTERGRUN­D, SEITE 6 STADT OLDENBURG, SEITE 27

„Diesem skrupellos­en Vorgehen und der sexuellen Ausbeutung in einem abscheulic­hen Ausmaß konnte heute ein Ende gesetzt werden“HORST SEEHOFER, BUNDESINNE­NMINISTER

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DPA-BILD: SPATA Schlag gegen die Organisier­te Kriminalit­ät: Polizisten führen drei Frauen aus einem Haus in Hannover (Stadtteil Anderten) ab.
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BILD: SASCHA STÜBER

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