Nordwest-Zeitung

Der Wolf und die Sorgen der Schäfer

Fragen und Antworten im Bundestag zu einem sehr emotionale­n Thema

- VON TERESA DAPP

Die Schäfer schlagen Alarm: „Wir sind schon lange dabei, unterzugeh­en.“Und Eltern im ländlichen Raum sorgen sich um ihre Kinder.

BERLIN Gruselige Werwölfe im Mondschein, Rotkäppche­n und der böse Wolf – in der Welt der Märchen und Mythen haben Wölfe ein schlechtes Image. Naturschüt­zer dagegen waren entzückt, als im Jahr 2000 die ersten Wölfe dauerhaft zurück nach Deutschlan­d kamen.

Da sich die Tiere vermehren, nehmen auch die Konflikte zwischen Mensch und Wolf zu. Was also tun? Die Frage treibt längst nicht mehr nur Tierhalter und Jäger um, sondern auch die Politik – und am Mittwoch den Umweltauss­chuss im Bundestag. Dort wird deutlich: Das Thema hat mehr Facetten, als man auf den ersten Blick meinen könnte.

Rund 150 Jahre lang galt der Wolf in Deutschlan­d als ausgestorb­en. Nun ist er zurück in mehreren Bundesländ­ern, vor allem Niedersach­sen und in Ostdeutsch­land. Ganz genaue Angaben gibt es nicht – 150 bis 160 erwachsene Tiere, insgesamt etwa 800 Wölfe dürften es sein. Tendenz steigend: Wenn sie ausreichen­d Nahrung finden und nicht gejagt, vertrieben oder zum Beispiel durch Verkehrsun­fälle getötet werden, dann vermehren sie sich rasch. Wölfe jagen nicht nur Wild, sondern auch Schafe und andere Nutztiere. Sie haben keine Fressfeind­e. 2016 wurden über 1000 Nutztiere durch Wölfe getötet oder verletzt. Vor allem Schafe und Ziegen werden gerissen, aber auch Rinder.

Warum ist das so problemati­sch

Die Weidetierh­altung ist wichtig für den Naturschut­z. Für Schäfer ist es nicht nur finanziell, sondern auch emotional belastend, wenn ihre Tiere gerissen werden: Jeder Angriff sei „ein Trauma für Mensch und Tier, schon die Angst davor ist unerträgli­ch“, sagt Andreas Schenk vom Bundesverb­and der Berufsschä­fer. In Niedersach­sen etwa werden Schafe unter anderem auch zum Schutz der Deiche eingesetzt; auch am Wasser schlugen Wölfe schon zu. Dazu kommen die Sorgen der Menschen vor allem im ländlichen Raum, etwa um ihre Kinder.

Sind Wölfe gefährlich fürMensche­n

Normalerwe­ise nicht. Laut der Dokumentat­ions- und Beratungss­telle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) sind Berichte über Angriffe aus früheren Jahrhunder­ten zum gröMten Teil auf tollwütige Wölfe zurückzufü­hren, Deutschlan­d ist seit 2008 tollwutfre­i. Das Risiko, dass Wölfe lernen, Menschen als Beute zu betrachten, sei „sehr gering“. Aber die instinktiv­e Vorsicht der Tiere könne sich „deutlich verringern“, wenn sie „gezielt angelockt oder angefütter­t“würden.

Inwiefern sind Wölfe geschützt

Das ist unter anderem in der EU über die sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) geregelt. Der Über den Wolf berieHen UmwelHexpe­rHen am MiHHwoch im BundesHag Wolf gehört zu den streng geschützte­n Anhang-IV-Arten. Er darf deshalb in Deutschlan­d nicht gestört, gefangen oder getötet werden. Ausnahmen kann es für „Problemwöl­fe“geben, wenn sie Herden reiMen oder dem Menschen zu nahe kommen – sie dürfen abgeschrec­kt oder „entnommen“, sprich getötet werden. Wölfe sind auch durch das Washington­er Artenschut­zabkommen sowie die Berner Konvention geschützt.

Was wünschen sich die Schäfer von der Politik

Einheitlic­he Regelungen für den Herdenschu­tz etwa mit Zäunen und Hunden sowie für finanziell­e Hilfen. „Wir müssen aufhören, frei nach Schnauze zu arbeiten“, sagt Schenk vom Schäfer-Verband und fordert ein „Herdenschu­tz-Kompetenzz­entrum“im Bund. Die geladenen Schäfer betonen aber: Die prekäre wirtschaft­liche Lage ihres Berufsstan­ds ist das gröMere Problem. „Wir sind schon lange dabei unterzugeh­en“, sagt Schenk. Sein Kollege Frank Hahnel berichtet von fehlendem Nachwuchs im Beruf. Sie fordern seit Langem Weidetierp­rämien.

Was sagen die Jäger zu dem Thema

Ganz einig sind sie sich nicht. Der Deutsche Jagdverban­d (DJV) will den Wolf in das Bundesjagd­gesetz aufnehmen – was nicht heiMt, dass er gejagt wird: „Die meisten Tiere im Jagdrecht genieMen ganzjährig­e Schonzeit“, sagt Helmut Dammann-Tamke vom DJV. Die Jäger wollen erster Ansprechpa­rtner sein und lehnen die Idee spezieller „Fang- und Entnahmetr­upps“für Wölfe ab. Sie betonen, dass Wölfe sich stark vermehren, wodurch weniger die Wolfsdicht­e, aber ihre Ausbreitun­g schnell zunehmen werde. Hohe Zäune überall in der Landschaft könnten nicht die Lösung sein. „Akzeptanz wird man nur erreichen, wenn man dem Wolf klarmacht, halte dich fern vom Menschen und seinen Nutztieren“, sagt Dammann-Tamke. Dagegen lehnt der Bayerische Jagdverban­d die Nbernahme des Wolfes in das Jagdrecht ab, wie auch der Okologisch­e Jagdverein (OJV) Brandenbur­g. „Unser Verein versteht vollkommen die Problemlag­e, warnt aber eindringli­ch davor, den Wolf als alleinigen Grund für die ökonomisch­en Schwierigk­eiten zu brandmarke­n“, erklärte der OJV im vergangene­n Jahr.

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