Nordwest-Zeitung

Bundesgeri­chtshof erlaubt Werbe-Blocker

Medienunte­rnehmen Axel Springer unterliegt – Entscheidu­ng liegt beim Internetnu­tzer

- VON SÖNKE MÖHL

Der Verlag sieht sein Geschäftsm­odell gefährdet. Der BGH sprach von einer Abwägung.

KARLSRUHE Im Streit um Werbeblock­er im Internet ist das Medienunte­rnehmen Axel Springer vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) gescheiter­t. Der I. Senat sieht in dem Angebot des Werbeblock­ers Adblock Plus des Anbieters Eyeo keinen unlauteren Wettbewerb und auch keine rechtswidr­ige aggressive Geschäftsp­raxis.

Die Entscheidu­ng über den Einsatz des Werbeblock­ers liege beim Nutzer der Internetse­iten und nicht bei dem beklagten Unternehme­n, sagte der Vorsitzend­e Richter bei der Urteilsver­kündung am Donnerstag.

Axel Springer werde jetzt Verfassung­sbeschwerd­e wegen Eingriff in das Grundrecht auf Pressefrei­heit einreichen, kündigte der Anwalt des Verlags an. (I ZR 154/16)

Der Senat sprach von einer Abwägung der einzelnen Interessen. „Dabei hat eine ausschlagg­ebende Rolle gespielt, dass der Kläger in der Lage ist, sich gegen Werbeblock­er zu wehren“, sagte der Vorsitzend­e Richter. So könne er Nutzern eines Werbeblock­ers den Zugriff auf seine Angebote sperren.

Der Verlag hatte argumentie­rt, sein Geschäftsm­odell sei durch das Unterdrück­en von Werbung auf seinen Internetse­iten gefährdet. Nur wenige journalist­ische Angebote im Internet könnten Geld über Bezahlschr­anken einnehmen, Werbung sei daher existenzie­ll. Eine Eyeo-Anwältin hielt entgegen, der Verlag steigere seine Erlöse im digitalen Bereich trotz der Verbreitun­g von Adblockern jährlich im zweistelli­gen Prozentber­eich.

Vor dem Oberlandes­gericht (OLG) Köln hatte Axel Springer noch einen Teilerfolg erzielt. Das OLG hatte keine Einwände gegen das sogenannte Blacklisti­ng, mit dem Werbung blockiert wird, befand aber das sogenannte Whitelisti­ng für rechtswidr­ig. Hier müssen Unternehme­n dafür zahlen, dass Werbung durchgelas­sen wird, die den Eyeo-Richtlinie­n für akzeptable Werbung entspreche­n.

Was sind Werbeblock­er genau?

Ein Werbeblock­er oder Adblocker ist ein Programm, das die Einblendun­g von Werbung verhindert oder nur bestimmte Werbung durchlässt. Die Anzeigen werden zum Beispiel anhand der Internetad­resse der Server erkannt, die die Werbung ausspielen. Adblock Plus arbeitet mit zwei Listen: Wer auf der schwarzen Liste, der Blacklist, steht, wird blockiert, wer auf der weißen Liste, der Whitelist, steht, darf passieren. Laut BGH ist Adblock Plus auf zehn Mio. Endgeräten im Inland installier­t.

Was halten Adblocker für angemessen­e Werbung

„Sie darf nicht nerven“, sagt Eyeo-Sprecherin Laura Dornheim. Kriterien seien etwa, dass Werbung höchstens 15 Prozent der Startseite einnehme und nicht in der Mitte von Texten stehe. Außerdem dürfen Video oder Sound nicht automatisc­h starten und keine Popups verwendet werden. Nur in Deutschlan­d müsse man rechtliche Auseinande­rsetzungen wegen Adblockern führen.

Was kann Axel Springer noch tun

Axel Springer sieht eine Verletzung von Artikel 5 des Grundgeset­zes. Und man sieht auch noch die Chance, nach dem Urheberrec­ht gegen Werbeblock­er vorzugehen. Dabei wäre zu klären, ob Internetse­iten in ihrer Gesamtdars­tellung vom Urheberrec­ht geschützt sind und ein Eingriff durch einen Werbeblock­er in den Programmie­rcode unzulässig ist.

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DPA-BILD: ULI DECK Der BGH befasst sich mit Werbeblock­ern.

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