„Ich habe eine Chance – und die ergreife ich“
Flensburger Oberbürgermeis)erin Simone Lange kämpf) gegen Andrea Nahles um Vorsi)z
FRAGE: Zrau Lange, am Sonntag auf dem Sonderparteitag kommt es zum Duell, Sie gegen Andrea Nahles Warum wären Sie die bessere SPD-Vorsitzende? LANGE: Ich habe eine Chance, und die ergreife ich. Viele Delegierte haben sich noch nicht entschieden. Die werde ich auf meine Seite ziehen! FRAGE: Mit welchen Argumenten? LANGE: Die SPD muss bis zur nächsten Bundestagswahl ein scharfes und unverwechselbares Profil entwickeln, damit sie endlich wieder gewinnen kann. Die Partei hat sich in den vergangenen Jahren in der Großen Koalition nicht mehr als eigenständig wahrgenommen. Das würde sich mit Frau Nahles auch nicht ändern. Sie ist als Fraktionschefin im Bundestag viel zu nah an der Regierung. Ich bin völlig unabhängig und könnte mich zu 100 Prozent auf die Partei konzentrieren. FRAGE: Wie soll das neue Profil aussehen? LANGE: Die soziale Frage muss in den Mittelpunkt unserer Politik gestellt werden. Wir dürfen nicht nur nach links blinken, sondern
müssen wirklich wieder die Interessen der sozial Benachteiligten vertreten. Dann können wir auch den dramatischen Mitgliederschwund stoppen. Wir haben in den letzten 15 Jahren ein Viertel unserer Mitglieder verloren! Nur, wenn wir mit der Agenda-Politik aufräumen und uns bei denen entschuldigen, auf deren Rücken wir den Wohlstand Deutschlands aufgebaut haben, werden wir sie wieder zurückgewinnen. Mit den Hartz-IV-Reformen hat die Sozialdemokratie ihre macht keinen Sinn und hilft uns nicht! FRAGE: Mit Andrea Nahles wird es kein schärferes Profil geben? LANGE: Andrea Nahles wird den Aufbruch nicht hinbekommen. Sie hatte schon 2005 und 2009 zur Runderneuerung aufgerufen. 2011 hat sie den Prozess für abgeschlossen erklärt. Erreicht haben wir nichts. Warum sollte ich ihre Ankündigung jetzt ernst nehmen? Sie hatte ihre Chancen, aber sie hat sie nicht genutzt. Für den Aufbruch brauchen wir aber mehrere neue Köpfe in der Führungsriege und nicht nur auf dem Chefsessel. Nur frisches Personal bringt frischen Wind und neue Ideen. Davon lebt Politik. Sonst kommt es zum Stillstand. Olaf Scholz sitzt seit mehr als zehn Jahren im Bundesvorstand. Andrea Nahles gehört seit 20 Jahren zum Führungspersonal. Die personelle Neuaufstellung erschöpft sich bei uns bislang darin, dass die Spitzenleute ihre Stühle austauschen. Nach dem Rückzug von Martin Schulz wurde sofort ausgekungelt, dass Andrea Nahles übernehmen soll. So kann es doch nicht weitergehen! Die Kandidaten müssen sich prüfen lassen, und dann muss die Basis abstimmen dürfen. FRAGE: Wo sehen Sie die neuen Köpfe für die erste Reihe? LANGE: Juso-Chef Kevin Kühnert gehört definitiv nach vorn. Er hat tolle Argumente und sollte eine führende Rolle spielen, denn er könnte wirklich für Erneuerung sorgen. Aber es gibt auch viele SPDBürgermeisterinnen und Bürgermeister, die stärker auf der Bundesebene einbezogen werden müssten. FRAGE: Für die inhaltliche Erneuerung soll in Wiesbaden der Startschuss gegeben werden Die Vorschläge des Vorstandes reichen Ihnen nicht? LANGE: Ich kann keine Strategie erkennen. Es reicht nicht, ein Papier nach dem anderen zu schreiben. Wir müssen die Dinge auch mal machen. Stattdessen versucht die amtierende Führungsspitze immer wieder, Debatten abzuwürgen und Ruhe zu verordnen. Herr Scholz wollte uns in der Hartz-IV-Debatte einen Maulkorb verpassen, Generalsekretär Lars Klingbeil unterstützt ihn dabei. Aber eine Partei lebt von der lebendigen Debatte. Die Mitglieder wollen, dass wir unsere Position zu Hartz IV und der AgendaPolitik endlich mal zu Ende diskutieren. Das hat nie stattgefunden.