Nordwest-Zeitung

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Gespräch mit Sarah Nemtsov – Oldenburge­r Kompositio­nspreis

- VON HORST HOLLMANN

Die internatio­nal renommiert­e Komponisti­n (37) ist in Oldenburg aufgewachs­en. Das nun preisgekrö­nte >erk schlägt einen Bogen von ihrer Kindheit bis ins ?eute.

OLDE5BURG Wer zum Gespräch Sarah Nemtsov in Haifa in Israel mit „Moin” begrüßt, dem kann ein herzliches „Moin, moin auch” zurückscha­llen.

Die höchst renommiert­e Komponisti­n durchmisst zwar die musikalisc­he Welt, aber sie weiß um die prägende Kraft von Kindheit und Jugend. Die hat die 37-Jährige in Oldenburg verbracht. Deshalb empfindet sie es „als große Ehre und sehr bewegend”, was ihr am 4. Mai angetragen wird: Sie erhält den Oldenburge­r Kompositio­nspreis für Zeitgenöss­ische Musik.

Kindheit In Oldenburg

„Fenster. Shloshim” heißt die Kompositio­n, mit der sie die Jury für sich einnahm. Sie ist mit Flöte, Klarinette, präpariert­e Harfe und Schlagzeug für das Berliner Ensemble „Adapter“gesetzt, dazu kommen Projektion­en. Aufgeführt wird die Kompositio­n während eines Festakts im Oldenburge­r Kulturzent­rum PFL. „Da schließt sich für mich auf wundervoll­e Weise ein Kreis”, sagt Sarah Nemtsov.

In dieser Umgebung um das PFL ist sie als Sarah Reuter aufgewachs­en. „Oldenburg ist überhaupt eine schöne Stadt zum Großwerden”, sagt sie. Ihre Mutter, die Malerin Elisabeth Naomi Reuter, zählte zu den Gründerinn­en der jüdischen Gemeinde. „Bei den vielen Kirchen in der Nähe gab es immer Glockenklä­nge“, erinnert sie sich. In bestimmen Momenten fließen die auch mal in Kompositio­nen ein: „Gongs spielen da eine Rolle.“

Kompositio­n hat sie in Hannover und Berlin studiert. Zudem ist sie eine sehr gute Oboistin mit ersten Preisen im Bundeswett­bewerb „Jugend musiziert”. Mit ihrem Mann, dem Pianisten Jascha

Nemtsov, lebt sie in Berlin. Aktuell lehrt sie im Sommerseme­ster als Gastdozent­in Kompositio­n an der Universitä­t Haifa.

„Einem Einsortier­en in Schubladen” verweigert sie sich strikt. Ihre deshalb kaum greifbare Vielfalt könnte ihre hohe Akzeptanz als Komponisti­n ausmachen. Als „wild wuchernde Inspiratio­n” haben Fachmedien ihre Arbeitswei­se beschriebe­n.

„Ich mag ja leicht verstimmte, verbogene Sachen”, räumt sie lachend ein, „und sehr gern Schlagzeug.” Alles

setzt Sarah Nemtsov vielfältig ein, bis hin zur großen Oper, uraufgefüh­rt zuletzt in München oder Halle. Von ihren über hundert Kompositio­nen sind viele mit namhaften Preisen bedacht worden.

Kontrapunk­tisch dicht ist ihre Musik gefasst. „Jüdische Musik bildet eine meiner Grundlagen”, gibt sie an, „von Literatur lasse ich mich inspiriere­n, inzwischen geben auch politische Entwicklun­gen Anstöße.“Viele Farbfacett­en und Farbbrechu­ngen basieren auf Grundlagen aus dem Elternhaus: „Bei meiner

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BILD: RUT SIGURDARDO­TTIR Hält Oldenburg für eine „schöne Stadt“und sieht den Preis als „große Ehre“: Sarah Nemtsov

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