„Harte Aufgabe für Nahles“
Oskar Niedermayer, Politikwissenschaftler an der Freien Universität 8erlin, bezeichnet die SPD als manisch depressiv: mal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt.
FRAGE: Die dem Fehlstart: Ist Andrea Nahles die Richtige, um die SPD zu erneuern? NIEDERMAYER: Wenn man das aktuelle Personaltableau betrachtet, ist sie schon die Richtige. Das bedeutet nicht, dass Frau Nahles die optimale Besetzung wäre. Sie muss vor allem an ihrer Kommunikation mit den Wählerinnen und Wählern arbeiten. Die Mehrheit der Deutschen ist eher skeptisch. FRAGE: Erneuerung in der Regierung – kann das funktionieren? NIEDERMAYER: Das ist genau das Problem der SPD. Es wird schwierig für Nahles. Die Linke in der SPD wird sehr stark darauf drängen, dass die Partei eine eigenständige Rolle gegenüber der Regierung einnimmt. Wenn Frau Nahles einen solchen Kurs fährt, wird das Verhältnis mit Parteifreund und Vizekanzler Olaf Scholz nicht mehr lange harmonisch bleiben. FRAGE: Nach der Bundestagswahl wollte die SPD den Weg in die Opposition gehen. Jetzt sitzt sie doch wieder mit in der Regierung. Wird die Partei in der Groko noch weiter verzwergt? NIEDERMAYER: Das hat die SPD selbst in der Hand. Die Partei schiebt die Verantwortung für ihre Probleme immer schnell anderen zu. Nicht Frau Merkel hat die SPD verzwergt, sondern die SPD hat sich selbst verzwergt. Bei der Bundestagswahl hat sie die mit Abstand schlechteste Kampagne geführt. Bei den Themen, mit denen sich die Partei jetzt beschäftigen will, fehlt die Flüchtlingspolitik. Es wäre ein Fehler, sich jetzt nicht den Themen Migration und Islam zu beschäftigen. FRAGE: Kämpft die Partei um ihre Existenz? NIEDERMAYER: Ja, das ist so. Bei Umfragewerten von 17 oder 18 Prozent stellt sich die Frage, ob es noch eine Volkspartei ist. Wenn die SPD jetzt nicht die Erneuerung schafft, wird sie keine Berechtigung mehr haben, als Volkspartei aufzutreten. Die SPD ist eine manisch depressive Partei: mal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt. FRAGE: Ist die Groko ein stabiles Bündnis für vier Jahre? NIEDERMAYER: Der Start der Großen Koalition war vor allem durch Streit gekennzeichnet. Wenn das so weitergeht, werden sich die Menschen abwenden. Diese Regierung ist auf jeden Fall fragiler als die letzte Große Koalition.