Ein fideles Team seit 1948
Mädchenklasse feiert 70 Jahre seit ihrem Schulabschluss
Um das Kriegsende herum verbrachten sie ihre Schulzeit zusammen. Jedes Jahr treffen sie sich in Erinnerung daran.
EVER/TEN Sie kennen sich seit der Schulzeit und auch sieben Jahrzehnte danach halten sie noch zusammen: Die Mädchen-Abschlussklasse der Mittelschule (heute PaulusSchule) von 1948 traf sich jetzt zum 70. Jubiläum ihrer Schulentlassung.
1941 hatten die damals insgesamt 40 Schülerinnen sich zu einer von damals zwei reinen Mädchenklassen in Oldenburg zusammengefunden. 24 waren es noch im Abschlussjahr. „Ein eingeschworenes Team waren wir damals schon“, sagt Irmi Pusch. „Jede hat jeder geholfen, so gut sie konnte. Das haben die Lehrer auch bemerkt, vor allem bei Klassenarbeiten. Sie kamen aber nie dahinter, wie wir es gemacht haben. Aber wir haben alle die Abschlussprüfungen bestanden.“
Gefahr oft verdrängt
Zu bestehen gab es in jener Zeit allerdings weit mehr als nur ein paar Klassenarbeiten, denn um die eingeschworene Gemeinschaft herum tobte der Zweite Weltkrieg. Die Gefahr nahm man in den jungen Jahren weniger wahr oder verdrängte sie. „Wenn abends Fliegeralarm war und erst spät nachts die Entwarnung kam, mussten wir am nächsten Tag Zusammenhalt auch noch nach 70 Jahren: Die ehemaligen Schülerinnen des Abschlussjahrgangs 1948 der heutigen Paulus-Schule trafen sich im Cafe Janssen.
erst um 9 Uhr kommen“, erzählt etwa Ursel Hamschmidt. „Und nicht selten saßen wir um 10 Uhr schon wieder im Bunker.“Irmi Pusch erinnert sich noch, wie sie im Bunker lernte, Walzer zu tanzen. „Dazu lief ’Ich tanze mit dir in den Himmel hinein’. Dann hörte man das Brummen der Bomber nicht mehr so.“
Das Kriegsende erlebten die Mädchen in einem Kurzschuljahr. „Ab März 1945 waren wir bei Spielwaren Lehmann untergebracht, weil die Schule als Lazarett gebraucht wurde“, erinnert sich Sigrid Hoster. „Eine Schulstunde dauerte dort nur 15 Minuten“.
Not machte erfinderisch
Bald danach war es zur Erleichterung aller vorbei mit Bombenangriffen und mit dem morgendlichen Hitlergruß. „Hohe Nazis“verschwanden, andere Lehrer
kehrten versehrt aus dem Krieg zurück. Die Erleichterung wich schnell der materiellen Not, die auch die Schülerinnen erfinderisch machte. „Wir haben alte Zuckersäcke aufgeribbelt und daraus Pullover und Kniestrümpfe gestrickt“, erzählt Maria Klein. „Aus anderen Stoffresten hatte ich mir einen weißen Badeanzug genäht. Und wenn ich in der Hunte badete, wurde er jedes Mal brauner.“Irmi Pusch recycelte eine alte HJJacke. „Die Ärmel mit den Abzeichen habe ich abgerissen und bunte Strickärmel drangemacht. Das war der Renner in der Schule.“
Schnell nach dem Abschluss waren sich die Schülerinnen einig, sich regelmäßig wiederzutreffen. „Anfangs alle fünf Jahre“, sagt Organisatorin Maria Klein. “Aber soviel Zeit haben wir in unserem Alter ja nicht mehr, deshalb treffen wir uns inzwischen jedes
Jahr.“Sie selbst organisiert die Zusammenkünfte seit fast 20 Jahren – traditionell per Brief mit der Anrede „Hallo Mädels“. „Früher habe ich die Einladungen noch mit dem Rad in der Stadt ausgefahren“, erzählt sie. „’Bewegung in frischer Luft juchhe, hält gesund und spart den Fliedertee’. Das haben wir noch in der Schule gelernt. Aber jetzt mit 88 Jahren wird das zu anstrengend.“
Das jährliche Treffen werden die „Mädels“auch im nächsten Jahr wieder abhalten. Und Maria Klein organisiert es. „So lange ich das noch kann, mach ich das weiter“, verspricht sie ihren Freundinnen.