Nordwest-Zeitung

Klarer Schnitt

- VON ALEXANDER WILL

Im Grunde muss man dem CSU-Populisten Söder ja dankbar sein. Der merkwürdig­e Kreuzzug, mit dem er abtrünnige CSU-Wähler wieder einfangen will, eröffnet die Gelegenhei­t, eine längst überfällig­e Diskussion zu beginnen. Es geht um das Verhältnis von Staat und Kirche, es geht um eine grundlegen­de, mehr als notwendige Debatte um das Ende der Privilegie­n organisier­ter Religion.

Befürworte­r des Status quo argumentie­ren gern, das „kooperativ­e Verhältnis“zwischen Staat und Kirche habe sich zu beiderseit­igem Nutzen bewährt. In Wirklichke­it aber privilegie­rt es Organisati­onen, deren Verankerun­g im Volk massiv schwindet und schreibt altertümli­che Absurdität­en fort. Nur zwei Beispiele: Eine dieser politische­n Narrheiten sind die Staatsleis­tungen an die Kirchen aufgrund der Weimarer Verfassung von 1919. Unter anderem fließen sie als Entschädig­ung für Enteignung­en zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts (!) an die Kirchen. 2017 strömten im Rahmen dieser Überweisun­gen 524 Millionen Euro Steuergeld in die Taschen des Klerus. Zweitens: Der Staat gestattet im Rahmen der Kirchenste­uer immer wieder Durchgriff­e auf das Einkommen von Nichtmitgl­iedern. Diese unsägliche „Heidensteu­er“ist seit Jahren ein Ärgernis.

Doch es geht eben nicht nur ums Geld. Deutschlan­d ist keine Theokratie, die sich das Kreuz – ein zweifelsfr­ei religiöses Symbol – in Amtsstuben zu eigen machen könnte. Die geistigen Wurzeln dieses Landes liegen auch in der griechisch-römischen Antike und vor allem der Aufklärung. Statt also Kreuze aufzuhänge­n und auch noch daran zu denken, fragwürdig­en Islam-Organisati­onen ähnliche Privilegie­n wie dem organisier­ten Christentu­m einzuräume­n, muss es darum gehen, Staat und Kirche entschiede­ner zu trennen. Frankreich wäre da ein gutes Vorbild.

@ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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