Klarer Schnitt
Im Grunde muss man dem CSU-Populisten Söder ja dankbar sein. Der merkwürdige Kreuzzug, mit dem er abtrünnige CSU-Wähler wieder einfangen will, eröffnet die Gelegenheit, eine längst überfällige Diskussion zu beginnen. Es geht um das Verhältnis von Staat und Kirche, es geht um eine grundlegende, mehr als notwendige Debatte um das Ende der Privilegien organisierter Religion.
Befürworter des Status quo argumentieren gern, das „kooperative Verhältnis“zwischen Staat und Kirche habe sich zu beiderseitigem Nutzen bewährt. In Wirklichkeit aber privilegiert es Organisationen, deren Verankerung im Volk massiv schwindet und schreibt altertümliche Absurditäten fort. Nur zwei Beispiele: Eine dieser politischen Narrheiten sind die Staatsleistungen an die Kirchen aufgrund der Weimarer Verfassung von 1919. Unter anderem fließen sie als Entschädigung für Enteignungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts (!) an die Kirchen. 2017 strömten im Rahmen dieser Überweisungen 524 Millionen Euro Steuergeld in die Taschen des Klerus. Zweitens: Der Staat gestattet im Rahmen der Kirchensteuer immer wieder Durchgriffe auf das Einkommen von Nichtmitgliedern. Diese unsägliche „Heidensteuer“ist seit Jahren ein Ärgernis.
Doch es geht eben nicht nur ums Geld. Deutschland ist keine Theokratie, die sich das Kreuz – ein zweifelsfrei religiöses Symbol – in Amtsstuben zu eigen machen könnte. Die geistigen Wurzeln dieses Landes liegen auch in der griechisch-römischen Antike und vor allem der Aufklärung. Statt also Kreuze aufzuhängen und auch noch daran zu denken, fragwürdigen Islam-Organisationen ähnliche Privilegien wie dem organisierten Christentum einzuräumen, muss es darum gehen, Staat und Kirche entschiedener zu trennen. Frankreich wäre da ein gutes Vorbild.
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