Nordwest-Zeitung

„Reduzie&ung auf ein Kultu&symbol geht nicht“

EKD-Chef Bedford-Strohm über Kreuzen in den bayerische­n Behörden

- VON BERNWARD LOHEIDE

FRAGE: In allen bayerische­n Landesbehö­rden sollen künfti Kreuze im Ein an sbereich h n en. iese sollen laut Ministerpr sident Markus Söder (CSU) ein „Bekenntnis zur Identit t“und zur „kulturelle­n Pr un “Bayerns sein. Wie beurteilen Sie das? BEDFORD-STROHM: Ich freue mich natürlich immer, wenn das Kreuz, das für unseren Glauben steht, auch wirklich ernst genommen wird. Das Entscheide­nde ist, dass das Kreuz nicht nur an der Wand hängt, sondern auch vom Inhalt her mit Leben erfüllt wird. Das Kreuz an den Wänden bedeutet daher immer auch eine Selbstverp­flichtung für uns alle, auch für die Politik, das, wofür das Kreuz steht, auch im politische­n Handeln ernst zu nehmen. FRAGE: as heißt konkret? BEDFORD-STROHM: Das heißt Feindeslie­be, Einsatz für die Schwachen, universale­s Liebesgebo­t, also nicht die Benutzung des Kreuzes zur Abwehr gegen andere, sondern als Grundlage dafür, dass wir eine Verantwort­ung für alle Menschen haben. Das alles sind Inhalte, die mit dem Kreuz verbunden sind. FRAGE: Verantwort­un für alle – damit meinen Sie: auch für Flüchtlin e, oder? BEDFORD-STROHM: Selbstvers­tändlich. Das Kreuz steht für Jesus Christus, der gesagt hat: „Was Ihr dem Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“Er hat gesagt: „Ich bin ein Fremdling gewesen und ihr habt mich aufgenomme­n.“Das ist natürlich noch kein politische­s Rezept. Man muss dann immer die Frage stellen, wie diese starken Worte in den schwierige­n Problemen der Politik Niederschl­ag finden können. FRAGE: Sehen Sie einen Widerspruc­h zwischen dem 5ufh n en des Kreuzes in Behörden und der Flüchtlin spolitik der CSU-Staatsre ierun ? BEDFORD-STROHM: Das sind Dinge, über die diskutiert werden muss und über die wir auch immer wieder diskutiere­n. Das Kreuz ist genau die

Grundlage dafür, dass wir immer wieder auch unbequeme Fragen an die Staatsregi­erung stellen. FRAGE: Befürchten Sie, dass das Kreuz zu einem bloßen Folklore-Symbol wird, wenn Ministerpr sident Söder sa t „ as Kreuz ist nicht ein 7eichen einer 8eli ion“? BEDFORD-STROHM: Wir als Christen und wir als Kirchen werden natürlich immer wieder darauf hinweisen, dass das Kreuz zuallerers­t ein religiöses Symbol ist. Und wir werden auch immer wieder auf den Inhalt des Kreuzes hinweisen. Es ist gut, wenn ein Land sich selbst verpflicht­et, indem es dieses Symbol auch öffentlich zeigt, also sich selbst verpflicht­et, die Inhalte auch wirklich als kritische Anfragen ans eigene Handeln gelten zu lassen. FRAGE: Es kommt also auf das 6andeln an? BEDFORD-STROHM: Am Ende ist es eine Frage der Praxis. Die Reduzierun­g auf ein Kultursymb­ol, die geht natürlich nicht, denn das sogenannte christlich­e Abendland ist ein Raum, in dem viel Unrecht passiert ist. Wer das Christentu­m vereinnahm­t, um nur die eigenen Ziele zu legitimier­en, der hat das Kreuz nicht verstanden. Diesen Vorwurf will ich jetzt niemandem konkret machen, sondern ich will ihn als Hintergrun­d nehmen für die Aufgabe, sich selbst immer wieder kritisch zu hinterfrag­en im Lichte des Kreuzes.

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DPA-BILD: TITTEL Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsit­zender der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD)

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