Justizministerin zeigt neue Härte
Barbara Havliza (CDU) vertraut abschreckender Wirkung von Strafverfahren
Kleinkriminalität müsse weiter verfolgt werden. Es werde sonst schwer, Grenzen zu ziehen.
HANNOVER Ieuer Wind im niedersächsischen Justizministerium: Im Gegensatz zur Amtsvorgängerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) setzt die neue Ressortchefin, Barbara Havliza (CDU), auf eine harte Linie selbst bei Bagatelldelikten wie Ladendiebstähle, Cannabisvergehen und Schwarzfahren. Während der Richterbund und Länder wie Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Hamburg die Justiz nicht mehr mit solcher Kleinkriminalität belasten möchten, setzt Havliza auf die abschreckende Wirkung von
Gerichtsverfahren. Die frühere Strafrichterin am Oberlandesgericht Düsseldorf, die sich einen Ruf mit harten Urteilen erwarb, warnt vor einem „riesigen Vertrauensbruch“in die Justiz. „Der Ruf nach Entkriminalisierung, um Ressourcen der Justiz zu schonen, ist eine Bankrott-Erklärung“, geißelt die Juristin jede Form der Liberalisierung als völlig falschen Weg.
Niedersachsens Justizministerin fürchtet zudem eine fatale „Signalwirkung“. Würde Kleinkriminalität aus dem Strafrecht gekippt, dann stelle sich sofort die Frage: „Was ist noch eine Bagatelle?“Es werde damit äußerst schwer, eine Grenze zu ziehen.
Havliza sieht deshalb auch keinen Anlass, bei kleineren Blechschäden an Autos – beispielsweise auf Parkplätzen – an der bisherigen Praxis etwas zu ändern. Verursacher müssen derzeit entweder die Polizei rufen oder solange warten, bis sie dem Geschädigten ihre Daten aushändigen können. Einen Zettel oder eine Handynummer zurückzulassen, reiche einfach nicht, betont Havliza. Auf diese Weise lasse sich leicht verschleiern, wer tatsächlich Fahrer gewesen sei. Unfallverursacher ohne Führerschein könnten sich auf diese Weise der Verantwortung entziehen, wenn sich jemand anderes pro forma als Verursacher melde.
Die Justizministerin lässt ebenfalls nicht gelten, dass jemand aus Armutsgründen zum Schwarzfahrer in Bus und Bahn werde. Für solche Fälle sei die Sozialpolitik zuständig. Für das „Erschleichen einer Beförderungsleistung“müsse eine Strafe auf dem Fuß folgen, erklärte Havliza, die jedoch nichts davon hält, jemanden fürs Schwarzfahren ins Gefängnis zu stecken. Das sei viel zu teuer, sagt Havliza – schließlich koste jeder Tag im Knast den Steuerzahler 150 Euro. Die Ministerin favorisiert das Programm „Schwitzen statt Sitzen“– dabei wird Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit abgewendet. Seit der Einführung im Jahr 2008 habe Niedersachsen so 57 Millionen Euro eingespart.