Nordwest-Zeitung

Ohne Taktstock und mit kräftigem Tusch zum Schluss

Gussische Kammerphil­harmonie St. Petersburg spielt Tschaikows­ky in 5ilhelmsha­ven

- VON NORBERT CZYZ

WILHELMSHA­VEN @ie Musik von Peter Tschaikows­ky hat viele Facetten. Das wurde im letzten Konzert der Saison 2017/18 in der Wilhelmsha­vener Stadthalle wieder einmal deutlich. Gestaltet wurde das Konzert von der Russischen Kammerphil­harmonie St. Petersburg unter der Leitung von Juri Gilbo. Mit einer vorzüglich­en Spielkultu­r war das Orchester Garant für ein gelungenes Konzert.

Werke von Tschaikows­ky bildeten das „A“und „O“dieses Konzertes. Gilbo hatte zwei Stücke aus „Schneeflöc­kchen“op. 12, ein frühes Werk von Tschaikows­ky, an den Anfang des Programms gestellt – „Melodram“und „Tanz der Gaukler“; samtweich gehaucht das erste, wild und temperamen­tvoll das zweite. Kontraste, die auch in der 5. Sinfonie wiederzufi­nden sind, mit der das Konzert endete.

Tschaikows­kys „Fünfte“ist geprägt von schnell wechselnde­n Gefühlen und vielen Tempowechs­eln. Nicht lange hält die anfänglich­e Schwermut an, es folgt ein Ausbruch, der schließlic­h kraftlos in sich zusammensi­nkt. Juri Gilbo modelliert­e Tschaikows­ky mit beiden Händen, ohne Taktstock – symbolisch für den musikalisc­hen Ablauf, der nicht „befohlen“werden muss, sondern sich organisch, bisweilen von pulsierend­er Unruhe getrieben, schicksalh­aft ergibt.

In dieses existenzie­lle Ringen platzt wie eine wohltuende Oase der „Valse“. Leichtfüßi­g und elegant trippeln hier anmutige Balletttän­zerinnen durch den Raum, ein Bild, das sich ergab, wenn man im 3. Satz sein Ohr auf die hohen Streicher ausrichtet­e. Gilbo setzte dies alles mit großer Intensität in Szene.

Für den programmat­ischen Kontrast sorgte vor der Pause Lilya Zilberstei­n als Solistin beim Klavierkon­zert in a-Moll von Edvard Grieg. Mit gutem Gespür für Griegs Humor, für seine melodische­n Einfälle breitete sie den Solopart auf dem meist weichen Klangteppi­ch des Orchesters aus, auf dem verträumte Passagen ebenso Platz fanden wie silbrige Läufe und kraftvolle Akkorde. Kunstvolle Kadenzen waren das Sahnehäubc­hen ihres Spiels.

Die Musiker entließen die Zuhörer mit zwei Zugaben, dem Kutscher-Tanz und der Wiederholu­ng des Tanzes der Gaukler von Tschaikows­ky – und einem kräftigen Tusch.

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