Nordwest-Zeitung

Uach die Wildnis zum nächsten Sauna-Vergnügen

8nterwegs auf dem Königsweg – 78 Kilometer von Ammarnäs nach Hemavan

- VON AAROLIN KRÄMER

AMMARNÄS Moosgrüne Ebenen, glasklare Bäche, grasende Rentiere: Der Kungsleden – übersetzt Königspfad – erfüllt jegliche Klischees, die man von Schweden nur haben kann. Unterteilt in einen südlichen und nördlichen Teil, verläuft der längste Fernwander­weg Schwedens auf rund 800 Kilometern entlang der norwegisch­en Grenze durch wilde Birkenwäld­er, über glitzernde Schneefeld­er und in bergige Fjällregio­nen.

Etwa 440 Kilometer misst der nördliche Kungsleden, unterteilt ist er in fünf Abschnitte. Wir wählen den südlichste­n. Von Ammarnäs führt er auf rund 78 Kilometern durch das Naturreser­vat Vindelfjäl­len nach Hemavan.

Mehrmals am Tag fahren die Züge der Bahngesell­schaft SJ von Stockholm nach Östersund. Von dort aus geht es weiter mit dem Länstrafik­enBus. 14 Stunden dauert die gesamte Fahrt, vorbei an Wäldern und Seen, durch Dörfer mit blutroten Häusern und uralten Scheunen.

Am späten Abend kommen wir in Ammarnäs an. Im Gegensatz zum T-Shirt-WetVater Einsam stehen die Wanderhütt­en entlang des nördlichen Kungsleden in der Landschaft.

ter in Stockholm sind Jacke und lange Hose angesagt. Selbst im August kann es nachts auf frische drei bis fünf Grad abkühlen, während am Tag auch mal die 20-GradMarke geknackt wird. Die lange Hose zu später Stunde schützt außerdem vor den vielen Mücken, die uns umschwirre­n.

Kurz hinter Ammarnäs führt der Weg am nächsten Tag oberhalb des Tjulån-Tals durch einen Wald und hinauf

zur ersten von insgesamt fünf bewirtscha­fteten Hütten. Für rund 45 bis 50 Euro pro Person kann man dort nächtigen. Mit 800 Metern liegt die Aigertstug­an bereits an der Grenze zur baumlosen Bergtundra.

Besonders für Familien und Saunaliebh­aber scheint die acht Kilometer kurze Wanderung zur ersten Hütte ein beliebtes Ausflugszi­el zu sein. „Hier gibt es die beste Sauna“, ruft uns ein junger zu.

Wenig später begegnen wir dem schwedisch­en Nationalma­skottchen. Knapp zehn Meter vor uns grast eine Rentierher­de. Kurz darauf passieren wir den höchsten Punkt der Etappe, die Juovvatjåh­kka-Rasthütte. Bereits ab 1200 Metern beginnt in dieser Region die alpine Zone. Das merkt man. Es ist merklich kühler, windig und sehr neblig. Außerdem setzt ein heftiger Regen ein.

Weiter geht es an Tag drei zur Hütte Tärnasjöst­ugan, die an einem mit Steinen gesäumten See liegt, dem Tarnasjö. Nach wenigen Sekunden taucht ein älterer Schwede mit Handtuch über der Schulter auf: „Hier werden gleich sehr viele nackte Menschen rauskommen und in den See springen“, warnt er und deutet auf die Sauna neben dem Steg. Bevor es zur unfreiwill­igen Begegnung kommt, gehen wir weiter.

Auf dem Weg zur Syterstuga­n zeigt sich die wohl interessan­teste Landschaft der Wanderung. Der Weg verlässt irgendwann den See. Kurz darauf erschließt sich eine Moränenlan­dschaft, bestehend aus kleinen Inselchen, Seen und Teichen, die durch sieben Brücken miteinande­r verbunden sind. Überhaupt ist dieser Teil des nördlichen Kungsleden­s ausgesproc­hen wanderfreu­ndlich gestaltet.

Am Vorabend der letzten Etappe schlagen wir unser Zelt an einem kleinen Fluss im Syterskale­t auf. Das Tal zieht sich wie ein langer Korridor durch das Bergmassiv Norra Storfjälle­t und führt von Syterstuga­n zur zwölf Kilometer entfernt gelegenen Viterskals­stugan. Wir folgen dem Weg durchs Tal, wo am Abend warme Luft weht. Später glüht der Himmel rosarot hinter den schneebede­ckten Bergspitze­n.

Hinter der Viterskals­stugan erwartet uns zum Ende der Wanderung ein weiterer Höhepunkt: der Ausblick über die tiefgrüne Tundravege­tation und das weite U-Tal. Der Abstieg nach Hemavan hingegen ist vergleichs­weise unspektaku­lär. Durch Birkenwäld­chen und über kleine Pfade erreichen wir gegen Abend das Naturmuseu­m des kleinen Skiörtchen­s. Nach fünf Tagen mit Zelt und ohne Dusche steht uns der Sinn vor allem nach einem: einer schönen, warmen Sauna.

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BILD: MARTIN OLSON

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