Kein Recht auf eine Gehaltserhöhung
Chef hat gewisse Freiheiten bei Gestaltung – Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung bindet
Mancher ist unzufrieden, wenn der Kollege mehr Lohn bekommt. Die Lage ist unübersichtlich.
BERLIN Wenn der Kollege plötzlich unerklärlich gute Laune hat, bekommt er vielleicht eine Gehaltserhöhung – er ging auf den Chef zu oder dieser auf ihn. Doch was ist, wenn dieser Kollege ähnlich lange wie ich beim gleichen Arbeitgeber ist, mit dem gleichen Job?
Bekomme ich dann automatisch auch mehr Geld? Dieses Frage hat sich wohl so mancher schon einmal gestellt.
Zunächst einmal nicht, sagt Barbara Reinhard, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. Grundsätzlich ist es in Deutschland erlaubt, Arbeitnehmer unterschiedlich zu bezahlen – auch dann, wenn sie eine ähnliche Erfahrung haben und den gleichen Job machen. „Es kann ja einfach sein, dass jemand besser verhandelt hat oder von der Konkurrenz abgeworben wurde und deswegen teurer ist.“Oder der Chef hat irgendwelche Vorzüge entdeckt oder kleine ExtraAufgaben vergeben.
Für dieses Grundprinzip auch unterschiedlicher Bezahlung gibt es aber Einschränkungen: Gilt im Unternehmen ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung, die ein Vergütungssystem vorschreibt, ist der Arbeitgeber auch daran gebunden. Das ist sogar der Fall, wenn es nicht ganz so formell zugeht. „Das gilt immer, wenn es irgendeine Form von kollektivem Bezugssystem gibt“, so Reinhard. Wenn die Entwicklung der Gehälter nach objektiven Kriterien abläuft, wenn es also zum Beispiel immer nach zwei Jahren eine Gehaltserhöhung gibt, kann der Arbeitgeber davon nicht einfach abweichen.
Und selbst ohne ein solches Prinzip ist die Welt der Gehälter kein rechtsfreier Raum, so Reinhard: „Es gilt immer das Diskriminierungsverbot. Das bedeutet: Alter, Geschlecht oder Hautfarbe etwa dürfen also nicht der Grund für Gehaltsunterschiede sein.“Wer sich diskriminiert und deswegen ungerecht bezahlt fühlt, kann dafür entsprechende Indizien sammeln, zum Beispiel mithilfe des neuen Entgelttransparenzgesetzes. Gelingt das, muss der Arbeitgeber die Vorwürfe widerlegen – oder den Übergangenen ebenfalls mehr bezahlen.