Nordwest-Zeitung

DELANEY-WECHSEL STELLT WERDER VOR PROBLEME

BUNDESLIGA 26-jähriger 6äne will gern in die Premier League – Im Mittelfeld entsteht ein Loch

- DPA-BILD: JASPERSEN

Stimmt der Preis, wird Werder 6elaney wohl ziehen lassen. Sein Abgang birgt allerdings auch eine große Gefahr.

BSEMEN Thomas Delaney wollte Respekt zeigen. Gegenüber seinem Verein Werder Bremen, gegenüber den Fans des Fußball-Bundesligi­sten. „Ich kommentier­e das nicht“, wiegelte der dänische Mittelfeld­spieler also nach dem 0:0 gegen Bayer Leverkusen zu den Berichten über seinen Wechselwun­sch in die englische Premier League ab. Dann sagte er aber doch: „Es ist ein schmaler Grat, ehrlich und gleichzeit­ig dem Club gegenüber respektvol­l zu sein.“

Auch wenn er es nicht konkret aussprach, Delaneys ganze Mimik und Gestik sagte alles. Der 26-Jährige will Werder im Sommer verlassen – nicht, weil der Verein irgendetwa­s falsch gemacht hätte. Sondern weil es schon immer sein Traum war, einmal in der Premier League zu spielen.

Delaneys Wechselwun­sch ist somit offenkundi­g – auf der großen Bühne Weltmeiste­rschaft will er sich im Sommer präsentier­en und auf die Notizzette­l vieler Clubs spielen. Was aber bedeutet diese Situation für Werder Bremen? c FINANZIELL­ER FAKTOR

Da ist zunächst der finanziell­e Faktor. Delaney, mit einem Vertrag bis 2021 ausgefurt

darf wohl tatsächlic­h gehen – wenn der Preis stimmt. Und der, so hofft zumindest Werder-Sportchef Frank Baumann, könnte mit Delaneys Auftritten im Sommer noch einmal richtig steigen. „Es ist in Ordnung und verständli­ch wenn er sagt, bei einem Top-Angebot gerne wechseln zu wollen, wenn sich die Vereine einigen“, erklärte Baumann weit nach dem Abpfiff der Partie gegen Leverkusen erstaunlic­h offen.

Delaney ist so etwas wie Baumanns Königstran­sfer. Lediglich zwei Millionen Euro hatten die Bremer an den FC Kopenhagen überwiesen, um den laufstarke­n Mittelfeld­spieler im Winter 2017 zu verpflicht­en. Ein regelrecht­es Schnäppche­n in Zeiten, in denen englische Zweitligis­ten regelmäßig zehn Millionen Euro in die Hand nehmen, um sich zu verstärken. Delaneys Marktwert hat sich durch seine guten Leistungen an der Weser vervielfac­ht. Baumann

kann hoffen, um die 15 Millionen für den Linksfuß zu bekommen – Tendenz bei guter Weltmeiste­rschaft sogar steigend. Brighton & Hove Albion soll konkretes Interesse haben. Rein finanziell wäre ein Verkauf Delaneys also ein Volltreffe­r.

c SPORTLICHE­R FAKTOR

Aber da ist auch noch das Sportliche. Und da wäre ein Abgang des Dänen ein enormer Verlust. Delaney ist in seinen anderthalb Jahren in Bremen zu einem Anführer auf dem Platz geworden, hat das Zentrum zusammen mit Philipp Bargfrede und Maximilian Eggestein stabilisie­rt. Und er kann nach vorn preschen und torgefährl­ich werden, wie bei seinem Treffer zum 1:1 im vorletzten Heimspiel gegen Dortmund. Es gibt einen weiteren personelle­n Faktor, der gegen einen Verkauf spricht – und der heißt Zlatko Junuzovic. Auch der Österreich­er verlässt

Werder bekanntlic­h. Junuzovic ist genau wie Delaney fester Bestandtei­l des in der Rückrunde so stabilen Bremer Gerüsts. Geht nun auch Delaney, brechen gleich zwei Eckpfeiler im Mittelfeld weg – und zwei Spieler, deren Wort in der Kabine, hinter verschloss­enen Türen, wenn es um die Hierarchie oder die Stimmung in der Mannschaft geht, ein großes Gewicht hat.

Frank Baumann stünde also im Sommer nicht nur vor der Aufgabe, gleich zwei adäquate Ersatze zu verpflicht­en. Es müssten auch Spieler sein, die eine Mannschaft schnell führen können, die auch mit Trainer Florian Kohfeldt über das Innenleben des Teams sprechen können.

Einer von ihnen soll Kevin Möhwald sein. Die Bremer sollen sich mit dem Profi des Erstliga-Aufsteiger­s 1. FC Nürnberg schon einig sein. Möhwald aber ist erst 24, hat noch nie im deutschen Oberhaus gespielt, stand vor seiner Zeit beim Club nur bei RW Erstattet, unter Vertrag. Eine Rolle einzunehme­n, wie es Delaney und Junuzovic getan haben, ist von ihm nicht zu erwarten.

Also benötigt Sportchef Baumann mehr Qualität, am besten durch einen Spieler, der schon Erfahrunge­n gesammelt hat. Das Geld dafür wäre bei einem Delaney-Deal da, 15 Millionen sind heutzutage aber keine Garantie mehr auf hohes Bundesliga-Niveau. c FAKTOR SIGNALWIRK­UNG

Es gibt da noch einen dritten, nicht zu vernachläs­sigenden Faktor, der im Fall Delaney eine Rolle spielt – die Signalwirk­ung. Werder will sich in der kommenden Saison endlich wieder weiter oben stabilisie­ren, nicht nur jedes Jahr gegen den Abstieg kämpfen, sondern einen einstellig­en Tabellenpl­atz erreichen, wie Trainer Kohfeldt am Montag in einem Interview mit dem Fachmagazi­n „Kicker“betonte. Dafür braucht es Leistungst­räger, wie Delaney zweifellos einer ist. Ihn zu halten, wäre auch ein Zeichen nach außen. Wir, Werder Bremen, haben höhere Ambitionen, wir halten unsere wichtigste­n Profis. Ein Verbleib des Dänen wäre zudem nicht nur ein Signal innerhalb der aktuellen Mannschaft, er würde sicherlich auch bei Gesprächen mit möglichen Verstärkun­gen als Beispiel dienen, dass Werder eben höhere Ziele hat.

Der Verkauf von Thomas Delaney kann eine Chance für Werder sein, er kann dem Verein viel Geld bringen – er birgt aber auch eine große Gefahr.

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DPA-BILD: JASPERSEN Energisch, einsatzfre­udig, engagiert: So kennen die Fans von Werder Bremen Mittelfeld­spieler Thomas Delaney.
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