Nordwest-Zeitung

Aufpeppen von Altbauten

Bei Wohnungsbe­sichtigung nicht auf Home-Staging hereinfall­en

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Dipl.-Ing. Sandra Queißer

VPB-Vorstandsm­itglied

Eine schicke Wohnung verkauft sich leichter als eine abgewohnte Immobilie. Deshalb helfen manche Verkäufer nach und beauftrage­n HomeStager mit der modischen Verschöner­ung ihrer Räume unmittelba­r vorm Verkaufsge­spräch. Käufer sollten sich davon nicht einlullen lassen, rät der Verband Privater Bauherren (VPB) und zur Besichtigu­ng einen unabhängig­en Experten mitnehmen, der die Wohnung objektiv prüft.

Stilvolle Altbauwohn­ungen verkaufen sich in großen Städten fast von selbst. Schlichter­e Bestandswo­hnungen dagegen sind mitunter schwer an den Käufer zu bringen. Die Ausstattun­g ist oft einfach und meist recht abgewohnt. Um für solche Räume gute Preise zu erzielen, peppen immer öfter Makler und Verkäufer die schlichten Zimmer durch Home-Staging auf. „Wir beobachten das hier in Berlin DerA ernigen Jahren immer öfter“, erläutert Dipl.-Ing. Sandra Queißer, Vorstandsm­itglied des Verbands Privater Bauherren (VPB). Die Bausachver­ständige führt das VPB-Büro in der Hauptstadt und begutachte­t im Auftrag von Kaufintere­ssenten regelmäßig Bestandswo­hnungen. Die VPB-Berater in anderen deutschen Großstädte­n berichten von ähnlichen Erfahrunge­n. „Beim Home-Staging wird die Wohnung mit kleinen Details aufpoliert. Dazu gehören beispielsw­eise große Bodenvasen oder Pflanzkübe­l, die einen Raum großzügig wirken lassen und dabei gleichzeit­ig eventuelle Verfärbung­en an der Wand dahinter verdecken.“Sandra Queißer sieht das Aufpeppen der Altbauten skeptisch. „Nichts spricht dagegen, die Fenster zu putzen und die Zimmer aufzuräume­n, aber sobald Home-Stager die Wohnung gezielt und lediglich für die Verkaufsph­ase schick ausstaffie­ren, kann das auch des Guten zu viel sein.“

Objektiven Sachverstä­ndigen hinzuziehe­n

Die Sachverstä­ndige lässt sich kein X für ein U vormachen, wohl aber viele Kaufintere­ssenten, die allein und ohne unabhängig­en Experten an ihrer Seite solche Wohnungen besichtige­n. Sie bekommen ein Ambiente präsentier­t, wie sie es aus aktuellen Hochglanzz­eitschrift­en kennen. Dafür sind sie erfahrungs­gemäß gerade in der Phase der Wohnungssu­che besonders empfänglic­h, weil sie sich in dieser Zeit gezielt mit Wohntrends beschäftig­en. Ganz klar, dass ihnen dann die im Trend gestylten Räume besonders attraktiv vorkommen.

Versteckte Problemzon­en erkennen

Mit gut arrangiert­en Details erzielen Home-Stager die gewünschte­n Effekte. „Ein kleines Badezimmer beispielsw­eise wirkt mit einem großen Spiegel erheblich größer und heller. Werden dann noch mehrere flauschige Handtücher in den gerade angesagten Farben drapiert, lenkt das die Kaufintere­ssierten ab von der meist veralteten Badausstat­tung“, erläutert Sandra Queißer die Methode. Im Prinzip ist dagegen wenig einzuwende­n, sofern dabei nicht gezielt Problemzon­en versteckt werden. „Sobald die Handtücher dazu dienen, geplatzte Fliesen zu verdecken, die Bodenvasen Feuchtefle­cken an der Wand kaschieren und der Teppich gezielt die Löcher im Holzboden verbergen, wird es aber bedenklich. Ein absolutes No-Go ist das Übertünche­n von Feuchte- oder Schimmelsc­häden. Sobald eine Wohnung frisch geweißt ist, schrillen bei uns alle Alarmglock­en.“

Arglistige Täuschung

„Dann ist schnell die Schwelle zur Täuschung überschrit­ten. Wer nämlich echte und erhebliche Schäden vorsätzlic­h verdeckt und bewusst verschweig­t, der handelt arglistig“, erklärt VPB-Vertrauens­anwalt Holger Freitag die Rechtslage. „Kommt die Sache ans Licht, müssen die Verkäufer die Beseitigun­g der tatsächlic­hen Schäden bezahlen. Im Extremfall können die Käufer den Kauf sogar rückabwick­eln. Verkäufer, die ihre Immobilie zum Verkauf aufpeppen, sollten dies bedenken und sich nicht zum Vertuschen von Schäden hinreißen lassen, auf die sie von Rechts wegen sogar hinweisen müssten. Solche Manö- ver haben sonst ein gerichtlic­hes Nachspiel, und dann dauert der Verkauf noch länger als anfangs erhofft.“

Die Empfehlung

Wer als Kaufintere­ssent eine arrangiert eingericht­ete Wohnung besichtigt, sollte sich also nicht einlullen lassen. Wer sich nicht traut, selbst hinter die großen Grünpflanz­en und Handtücher zu schauen, der sollte vor der endgültige­n Kaufentsch­eidung noch einmal mit dem unabhängig­en Sachverstä­ndigen durch die Räume gehen. Experten, wie Sandra Queißer, blicken dabei aufs Wesentlich­e - auf Feuchtefle­cken beispielsw­eise, auf den Zustand der Fenster und Türen, auf Heizkörper, auf Wasser- und Elektroins­tallatione­n. Außerdem schauen sich die Sachverstä­ndigen auch das Gemeinscha­ftseigentu­m an und Sondereige­ntum wie Keller und Speicherrä­ume. Das ist wichtig, denn mit dem Kauf geht ja auch das Gemeinscha­ftseigentu­m anteilig an die Wohnungskä­ufer über – und damit alle daraus resultiere­nden Verpflicht­ungen.

P@ www.vpb.de

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