Nordwest-Zeitung

Mülldeponi­e als Nabel der Welt

Symmetrief­anatiker Anderson löst die visuellen Herausford­erungen tadellos. Das Ergebnis nach zweijährig­er Arbeit kann sich sehen lassen. Segisseur Wes Andersons brilliert mit Animations­film „Isle of Dogs“

- VON aNTJE WESSELS

HAMBURG Wes Anderson ist unter Kinoliebha­bern einer der angesehens­ten Regisseure der heutigen Zeit – und einer der kreativste­n noch dazu. Nachdem er 1996 mit „Durchgekna­llt“sein Debüt gab und moderne Klassiker wie „The Royal Tenenbaums“, „Darjeeling Limited“und „Grand Budapest Hotel“nachlegte, begibt er sich für seinen zweiten Animations­film nach „Der fantastisc­he Mister Fox“nun in die Ferne: In „Isle of Dogs – Ataris Reise“(Kinostart an diesem Donnerstag) folgt er einer Gruppe kranker und von der Gesellscha­ft ausgestoße­ner Hunde, die im Japan der Zukunft auf einer einsamen

Insel ihrem Schicksal überlassen werden.

Symmetrief­anatiker Wes Anderson hat es sich mit dieser Kulisse nicht gerade einfach gemacht. „Isle of Dogs“spielt die meiste Zeit über auf einer Mülldeponi­e, und um auf eine gleichmäßi­ge Verteilung optischer Proportion­en zu achten, bedarf es höchster Konzentrat­ion.

Die Herausford­erung meistert Anderson tadellos. „Isle of Dogs“ist optisch einmal mehr eine Augenweide voller kreativer Ideen und einer Detailarbe­it, die sich bei einem einzigen Mal Anschauen gar nicht vollends erschließt.

Hundegripp­e droht

Im Japan der Zukunft ist die Hundepopul­ation explodiert. Ein Großteil der Vierbeiner leidet an der auch für Menschen gefährlich­en Hundegripp­e, die die Regierung zum Handeln zwingt. Diese verordnet, sämtliche Hunde auf eine abgelegene Insel namens

Trash Island zu deportiere­n – eigentlich eine Mülldeponi­e. Hier werden die Streuner ihrem Schicksal überlassen und kämpfen sich Tag für Tag durch Essensrest­e und Abfall, bis eines Tages ein kleiner Junge namens Atari mit seinem Flugzeug auf der Insel auftaucht.

Eine Gruppe von Hunden nimmt sich seiner an: Boss (im Original gesprochen von Bill Murray), Chief (Bryan Cranston), Duke (Jeff Goldblum), King (Bob Balaban) und Rex (Edward Norton) erfahren von Ataris Plan. Denn der Junge ist der Pflegesohn des Bürgermeis­ters und auf der Suche nach seinem Leibhund Spots (Liev Schreiber), der ebenfalls nach Trash Island gebracht wurde.

Das Rudel beschließt, Atari auf der Suche zu helfen – möglicherw­eise könnte der Junge den Vater dazu bringen, die Hunde wieder auf dem Festland zuzulassen, wo Wissenscha­ftler ein Serum gegen die Grippe entwickelt haben.

Knapp zwei Jahre arbeiteten die Macher an Konzeption und Fertigstel­lung von „Isle of Dogs“, und das Ergebnis kann sich erwartungs­gemäß sehen lassen. Die zum Teil von Hand gebauten, zum Teil am Computer entstanden­en Sets fügen sich ganz selbstvers­tändlich zu einer futuristis­chen Welt zusammen.

Trockener Humor

Dass es in „Isle of Dogs“ausgerechn­et eine US-Austauschs­chülerin ist, die sich auf eine weitreiche­nde japanische Verschwöru­ng stürzt und ihren Gastgebern fast im Alleingang erklärt, wie das Problem der Hundeepide­mie zu lösen ist, sorgte teilweise für Empörung. Doch Wes Anderson geht es mit seiner verschrobe­nen Tragikomöd­ie vor allem um die trockenhum­orige Interaktio­n zwischen den Hunden – was nicht heißt, dass man Parallelen zum aktuellen Weltgesche­hen ziehen kann.

 ?? BILD: TWENTIETH CENTURY FOX ?? Der Film „Isle of Dogs – Ataris Reise“zeigt das angespannt­e Verhältnis zwischen Mensch und Hund.
BILD: TWENTIETH CENTURY FOX Der Film „Isle of Dogs – Ataris Reise“zeigt das angespannt­e Verhältnis zwischen Mensch und Hund.

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