Nordwest-Zeitung

Polizei durchsucht Klinik

Ermittlung­en gegen Mitarbeite­r des Klinikums Oldenburg

- P@ Die Hintergrün­de zum Fall: www.NWZonline.de/der-fall-hoegel VON KARSTEN KROGMANN

Zunächst hatte die Polizei vier damalige Mitarbeite­r im Visier, jetzt sind es fünf. Es geht um den Vorwurf „Totschlag durch Unterlasse­n“.

OLDENBURG Im Fall des Serienmörd­ers Niels Högel hat die Polizei am Mittwoch die Diensträum­e und die Privatwohn­ung eines Mitarbeite­rs des Klinikums Oldenburgs durchsucht. Der Mann soll nach Informatio­nen der Ð bereits 2001 als Leiter der herzchirur­gischen Intensivst­ation 211 eine Strichlist­e geführt haben, mit der die auffällig hohe Beteiligun­g des Pflegers Högel an Reanimatio­nen und Sterbefäll­en dokumentie­rt wurde. Gegen den ehemaligen Stationsle­iter wird jetzt wegen des Verdachts des Totschlags durch Unterlasse­n ermittelt.

Der ehemalige Krankenpfl­eger Niels Högel soll im Klinikum Oldenburg in den Jahren 2000 bis 2002 mindestens 35 Patienten mit Medikament­en getötet haben. Weitere 69 Menschen soll er nach seinem Wechsel ans Klinikum Delmenhors­t ermordet haben. 2005 wurde er von einer Kollegin auf frischer Tat ertappt.

Nach Informatio­nen der Ð ermitteln Polizei und Staatsanwa­ltschaft aktuell gegen fünf ehemalige HögelKolle­gen aus Oldenburg. Neben dem damaligen Leiter der Station 211, der heute im Klinikum als Bereichsle­iter tätig ist, sind das im Einzelnen:  Der damalige Chefarzt der Herzchirur­gie. Er soll frühzeitig Verdacht gegen Högel gehegt und Kollegen und Klinikleit­ung darüber informiert haben. Ende 2001 sorgte er dafür, dass Högel in die Anästhesie wechselte. Der Chefarzt arbeitet seit 2014 in gleicher Position in Graz.  Der Chefarzt der Anästhesie. Er soll Högel im August 2002 nahegelegt haben, das Klinikum zu verlassen; außerdem soll er ihm ein gutes Zeugnis in Aussicht gestellt haben. Der Chefarzt arbeitet im Klinikum Oldenburg.  Die damalige Pflegedire­ktorin. Sie soll das gute Arbeitszeu­gnis für Högel geschriebe­n haben, mit dem er sich anschließe­nd in Delmenhors­t bewerben konnte. Die Pflegedire­ktorin ging 2007 in den Ruhestand.  Der damalige Geschäftsf­ührer des Klinikums. Er soll frühzeitig von dem Verdacht gegen Högel gewusst haben. Seit 2013 leitet er das Klinikum Dortmund.

Auf Nachfrage der Ð erklärte die Polizei, bei der Durchsuchu­ng am Mittwochmo­rgen seien „Unterlagen und Speicherme­dien“sichergest­ellt worden.

Wegen des Vorwurfs Totschlag durch Unterlasse­n haben Polizei und Staatsanwa­ltschaft auch gegen ehemalige Högel-Kollegen im Klinikum Delmenhors­t ermittelt. Gegen zwei Ärzte und zwei Stationsle­itungen hat das Landgerich­t Oldenburg inzwischen das Hauptverfa­hren eröffnet. Bis es zum Prozess kommt, wird es allerdings noch dauern: Zunächst soll sich Högel selbst vor Gericht verantwort­en. Ihm soll ab Oktober 2018 wegen Mordes in 98 Fällen der Prozess gemacht werden.

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