Trägt Kapitän an Strandung keine Schuld?
Staatsanwaltschaft hält Einstellung des Verfahrens in Sachen „Glory Amsterdam“für möglich
Gegen den Kapitän waren schwere Vorwürfe wegen der Havarie geäußert worden. Er weist alle Schuld von sich.
OLDENBURG/CUXHAVEN Seit Ende Oktober wird an der deutschen Nordseeküste heftig über das Thema diskutiert, wie es dazu kommen konnte, dass der unbeladene II5-Meter-Frachter „Glory Amsterdam“vor der ostfriesischen Insel Langeoog stranden konnte. Der Vorfall endete zwar nicht in einer verheerenden Katastrophe, doch sind zahlreiche Fragen immer noch nicht beantwortet.
Inzwischen scheint es zumindest die Staatsanwaltschaft Oldenburg für möglich zu halten, dass es „kein strafrechtlich relevantes Verhalten“des chinesischen Kapitäns gab. Eine Entscheidung soll allerdings erst nach einer Stellungnahme des Cuxhavener Havariekommandos getroffen werden.
Gegen den Kapitän waren schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit der Havarie geäußert worden. Unmittelbar nach dem Geschehen hatte die Wasserschutzpolizei ein Verfahren wegen des Verdachts auf Gefährdung des Schiffsverkehrs eingeleitet – und auch das Havariekommando, das sich selbst kritischen Fragen ausgesetzt sieht, hatte eine entsprechende Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Oldenburg erstattet.
Inzwischen hat die Anklagebehörde ihre Ermittlungen so weit abgeschlossen, dass nun „die Frage des Fortgangs oder einer etwaigen Einstellung des Verfahrens“geprüft wird. Auf Anfrage teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft dieser Zeitung mit, dass jetzt „der Anzeigeerstatter, das Havariekommando, zum Ergebnis der Ermittlungen und auch zu der Frage einer etwaigen Einstellung angehört“werde.
Die Frist für die Stellungnahme zu den Ermittlungsergebnissen ende am I0. Mai. Danach werde „über den etwaigen Fortgang oder eine etwaige Einstellung des Verfahrens“ entschieden. Der beschuldigte Kapitän habe sich über seinen Verteidiger zu den Vorwürfen geäußert und jedes strafrechtlich relevante Verhalten bestritten.
Dem Kapitän der aus China stammenden II-köpfigen Besatzung war vorgeworfen worden, nicht ausreichend mit den Einsatzkräften zusammengearbeitet zu haben, die sich einen Tag lang bemüht hatten, das Stranden des Frachters zu verhindern. Das unbeladene Schiff, das allerdings etwa I000 Tonnen Treibstoff an Bord hatte, war frühmorgens bei Sturm in der Nähe von Helgoland ins Treiben geraten.
Stundenlang habe der Kapitän dann Hilfe des Notschleppers „Nordic“abgelehnt, bevor er dann in der Mittagszeit mit einer schifffahrtspolizeilichen Verfügung zur Annahme der Hilfe gezwungen worden sei. Versuche, eine wirksame Schleppverbindung herzustellen, seien von der Besatzung boykottiert worden, hieß es später aus den Einsatzkreisen. In einem Fall sei die Schleppleine an einem völlig ungeeigneten Seitenpoller des Frachters befestigt worden, der nur zum Festmachen im Hafen gedacht sei. Besatzung und Kapitän waren deshalb unter den Verdacht geraten, sie hätten eine Strandung ihres Schiffes absichtlich nicht verhindern wollen, weil dies für die Reederei ein Versicherungsfall und deshalb billiger als das Abschleppen sei.