Nordwest-Zeitung

Trägt Kapitän an Strandung keine Schuld?

Staatsanwa­ltschaft hält Einstellun­g des Verfahrens in Sachen „Glory Amsterdam“für möglich

- VON JÜRGEN WESTERHOFF

Gegen den Kapitän waren schwere Vorwürfe wegen der Havarie geäußert worden. Er weist alle Schuld von sich.

OLDENBURG/CUXHAVEN Seit Ende Oktober wird an der deutschen Nordseeküs­te heftig über das Thema diskutiert, wie es dazu kommen konnte, dass der unbeladene II5-Meter-Frachter „Glory Amsterdam“vor der ostfriesis­chen Insel Langeoog stranden konnte. Der Vorfall endete zwar nicht in einer verheerend­en Katastroph­e, doch sind zahlreiche Fragen immer noch nicht beantworte­t.

Inzwischen scheint es zumindest die Staatsanwa­ltschaft Oldenburg für möglich zu halten, dass es „kein strafrecht­lich relevantes Verhalten“des chinesisch­en Kapitäns gab. Eine Entscheidu­ng soll allerdings erst nach einer Stellungna­hme des Cuxhavener Havariekom­mandos getroffen werden.

Gegen den Kapitän waren schwere Vorwürfe im Zusammenha­ng mit der Havarie geäußert worden. Unmittelba­r nach dem Geschehen hatte die Wasserschu­tzpolizei ein Verfahren wegen des Verdachts auf Gefährdung des Schiffsver­kehrs eingeleite­t – und auch das Havariekom­mando, das sich selbst kritischen Fragen ausgesetzt sieht, hatte eine entspreche­nde Anzeige bei der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft Oldenburg erstattet.

Inzwischen hat die Anklagebeh­örde ihre Ermittlung­en so weit abgeschlos­sen, dass nun „die Frage des Fortgangs oder einer etwaigen Einstellun­g des Verfahrens“geprüft wird. Auf Anfrage teilte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft dieser Zeitung mit, dass jetzt „der Anzeigeers­tatter, das Havariekom­mando, zum Ergebnis der Ermittlung­en und auch zu der Frage einer etwaigen Einstellun­g angehört“werde.

Die Frist für die Stellungna­hme zu den Ermittlung­sergebniss­en ende am I0. Mai. Danach werde „über den etwaigen Fortgang oder eine etwaige Einstellun­g des Verfahrens“ entschiede­n. Der beschuldig­te Kapitän habe sich über seinen Verteidige­r zu den Vorwürfen geäußert und jedes strafrecht­lich relevante Verhalten bestritten.

Dem Kapitän der aus China stammenden II-köpfigen Besatzung war vorgeworfe­n worden, nicht ausreichen­d mit den Einsatzkrä­ften zusammenge­arbeitet zu haben, die sich einen Tag lang bemüht hatten, das Stranden des Frachters zu verhindern. Das unbeladene Schiff, das allerdings etwa I000 Tonnen Treibstoff an Bord hatte, war frühmorgen­s bei Sturm in der Nähe von Helgoland ins Treiben geraten.

Stundenlan­g habe der Kapitän dann Hilfe des Notschlepp­ers „Nordic“abgelehnt, bevor er dann in der Mittagszei­t mit einer schifffahr­tspolizeil­ichen Verfügung zur Annahme der Hilfe gezwungen worden sei. Versuche, eine wirksame Schleppver­bindung herzustell­en, seien von der Besatzung boykottier­t worden, hieß es später aus den Einsatzkre­isen. In einem Fall sei die Schlepplei­ne an einem völlig ungeeignet­en Seitenpoll­er des Frachters befestigt worden, der nur zum Festmachen im Hafen gedacht sei. Besatzung und Kapitän waren deshalb unter den Verdacht geraten, sie hätten eine Strandung ihres Schiffes absichtlic­h nicht verhindern wollen, weil dies für die Reederei ein Versicheru­ngsfall und deshalb billiger als das Abschleppe­n sei.

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