Nordwest-Zeitung

Dialyse zu Hause

Apparatur verschafft dem Nierenpati­enten Ralf Kloth deutlich mehr persönlich­e Freiheit

- VON THOMAS HUSMANN

In seinem Wohnzimmer schließt sich Rolf Kloth selbst an sein Dialyseger­ät an. Der Patient freut sich über die neu erlangte zeitlicheF­reiheit

Die Kosten übernimmt das Dialysezen­trum. Die Krankenkas­se zahlt einen Wasserzusc­huss.

OLDENBURG Ralf Kloth sitzt gut gelaunt in seinem Wohnzimmer am Vahlenhors­t. Ein großer Fernseher steht am Fenster, auf dem Tisch stehen frisch im eigenen Garten geschnitte­ne Fliederzwe­ige, auf der Couch liegen Decken und Kissen. Eigentlich alles ganz normal, hinter dem Sofa fällt der Blick aber auf eine medizinisc­he Apparatur. „Das ist mein Dialyseger­ät“, sagt der 52-Jährige mit freudigem Gesichtsau­sdruck.

„Durch das Gerät habe ich ein großes Stück meiner persönlich­en Freiheit zurückgewo­nnen“, erklärt Kloth seine gute Laune. Zweimal hat er nun zu Hause seine Dialyse gemacht, mit der sein Blut gereinigt wird. Der gebürtige Hamburger, der als Kind mit seinen Eltern nach Oldenburg zog, war bis dahin dreimal die Woche zu Gast im Dialysezen­trum von Dr. Ulrich Lammers am Johann-JustusWeg. „Vier Stunden und zehn Minuten bin ich an die Apparatur angeschlos­sen“, erzählt Kloth weiter. Eine lange Zeit, die ihm zuhause auf dem Sofa nun deutlich kürzer vorkommt. Ein weiterer Vorteil der Heimdialys­e – er kann den Zeitpunkt frei bestimmen. Jedenfalls die Uhrzeit, die Dialysetag­e stehen fest – dienstags, donnerstag­s und sonntags.

Rolf Kloth ist mit nur einer Niere zur Welt gekommen. Lange Jahre ging auch alles gut, doch als er 36 Jahre alt war, setzten die Beschwerde­n immer stärker ein. „Es war ein Gefühl, als ob mich jemand von oben herunter drückt“, beschreibt Kloth die Last, die Freut sich über seine neue gewonnen Freiheit: Ralf Kloth schließt sich seit wenigen Tagen zu Hause an sein Heimdialys­e-Gerät an, das in seinem Wohnzimmer steht.

scheinbar auf seinen Schultern lastete. Der Arzt stellte fest, dass die im Lauf der Jahre im größer gewordene Niere nicht mehr richtig arbeitete. Ein stark erhöhter KaliumWert im Blut war die Folge, der zu den Beschwerde­n führte. Der Arzt verschrieb Tabletten, mit denen man die Folgen der Nierenschw­äche zunächst in den Griff bekam. Doch 16 Jahre später, also vor 16 Monaten, wurden die Beschwerde­n wieder massiver, Kloth musste dreimal die Woche zur Dialyse.

Nun steht die rund 15 000 Euro teuere Maschine bei ihm im Wohnzimmer. Bezahlt hat sie das Dialysezen­trum. Im Haus mussten viele Leitungen unter anderem für das Zuund Abwasser verlegt werden. Während der Dialyse wird enorm viel Wasser verbraucht,

wofür die Krankenkas­se laut Kloth alle drei Monate rund 300 Euro zahlt. Die zusätzlich­en Kosten hätten Kloth finanziell sehr belastet, er arbeitet auf 450-Euro-Basis

als Maler und Lackierer sowie Fahrer.

Der Patient wurde eine Woche lang in die Apparatur eingewiese­n. „Das war deutlich anstrengen­der als ein Führersche­in“, sagt Kloth. Auf dem Tisch liegt ein Merkblatt mit einer Notrufnumm­er, falls Probleme auftreten. Kloth: „Da geht immer jemand ran.“Aorta und Vene muss er selbst punktieren. Zur Sicherheit sind seine Lebensgefä­hrtin oder sein Sohn dabei, wenn er mit der Dialyse beginnt.

Besonders schädlich für den 52-Jährigen sind Kartoffeln und Spargel und weitere schöne Dinge, die ihm eigentlich gut schmecken. „So ganz verzichten muss ich aber nicht“, schränkt er ein. Kleine Sünden spiegeln sich aber gleich im Blutbild wider.

Einmal pro Monat muss er

ins Dialysezen­trum zur Untersuchu­ng zum Arzt. Ein Klacks im Vergleich zu früher. Und auch für Dr. Lammers bringt die Heimdialys­e seines Patienten Vorteile, weil das Personal in der Praxis entlastet wird. „Noch in den 60erund 70er-Jahren gab es deutlich mehr Heimdialys­e-Patienten. Dann setzte der Trend zu den Dialysezen­tren ein“, blickt der Arzt zurück. Nun werde die Heimdialys­e intensiver beworben. Von 100 seiner Patienten nutzen bislang zwei diese Möglichkei­t.

Einer von ihnen ist Rolf Kloth, der sich noch nicht auf die Warteliste für eine Transplant­ation setzen ließ. Kloth: „Die Wartezeit beträgt rund zehn Jahre. Die Frist läuft ab der ersten Dialyse. Egal ob man sich angemeldet hat oder nicht.“

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BILD: TORSTEN VON REEKEN

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