Neue Chance
Bringt ausgerechnet US-Präsident Donald Trump Deutschland, die EU und Russland wieder näher zusammen? Mit seiner Entscheidung, im Alleingang das Atomabkommen mit dem Iran aufzukündigen, hat Trump einmal mehr gezeigt, dass die USA auf ihrem neuen EgoTrip keine verlässlichen Partner mehr sind. Russland will dagegen wie die Europäische Union an diesem Abkommen festhalten.
Doch es gibt noch weit mehr Anknüpfungspunkte: So kann ein Friedensplan für Syrien nur mit Russland geschmiedet werden. Das gleiche gilt für eine Lösung der Ukraine-Krise. Hier muss auf beiden Seiten verloren gegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden – und das geht am besten durch Verhandlungen auf Augenhöhe, bei denen die Interessen beider Seiten ernst genommen werden. Und nicht zuletzt die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zeigt, dass Russland und Westeuropa Handelsbeziehungen aufbauen können, während Trump gerade einen Handelskrieg anzettelt.
Russlands Weg in den Nationalismus, die Einverleibung der Krim und die autokratische Führung im Kreml werden im Westen zu Recht mit Sorge betrachtet. Doch Sanktionen, erhobene Zeigefinger und antirussische Rhetorik, die sich leider auch der neue Außenminister Heiko Maas gleich zu eigen machte, sind die falschen Antworten und vertiefen nur die Gräben. Die deutsche Wirtschaft leidet unter sinnlosen Einschränkungen, mühevoll aufgebaute geschäftliche Beziehungen wurden ohne Not gekappt und private Kontakte erschwert. Dabei hatten gerade diese dafür gesorgt, dass das durch den Zweiten Weltkrieg schwer belastete deutsch-russische Verhältnis nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine friedvolle Renaissance erlebte.
Viele Menschen in Deutschland wünschen sich ein gutes Verhältnis zum großen Nachbarn im Osten und haben kein Verständnis für den politischen Konfrontationskurs. Jüngste Umfragen zeigen, dass inzwischen mehr Deutsche Russland vertrauen als den USA. Das sollte Angela Merkel zu denken geben.
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