Nordwest-Zeitung

Nutrias gefährden Dämme und Deiche

SYMPOSIUM Deutsche und holländisc­he Fachleute diskutiere­n Bekämpfung der Nagetiere

- VON KLAUS-PETER JORDAN

Die Sumpfbiber vermehren sich stark. Niederländ­er geben für die Bekämpfung viel Geld aus.

OLDENBURG Die einen finden sie niedlich; für die anderen sind sie das neue Sorgenkind Niedersach­sens. Die Rede ist von der Nutria, auch Sumpfbiber genannt.

Viele Menschen lieben das possierlic­h Nagetier mit Schnurrhaa­ren, Schwimmhäu­ten und orangefarb­enen Nagezähnen. Es gibt NutriaVere­ine und auf Facebook eine lebhafte Fangemeind­e. Landwirte und Wasserbehö­rden hingegen wollen die Nutrias ausrotten. Nicht zum ersten Mal fand hierzu kürzlich in Oldenburg ein deutsch-niederländ­isches Symposium statt.

„Die zumeist in Kolonien lebenden Tiere graben Höhlen in Uferböschu­ngen, fressen Kulturfrüc­hte und Flussmusch­eln. Sie haben eine negative Auswirkung auf die Wasserwirt­schaft und Landwirtsc­haft. Sie schädigen die heimische Flora und Fauna“, erklärt Heiko Fritz, Nutria-Experte von der Landwirtsc­haftskamme­r Niedersach­sen.

Die Europäisch­e Union hat die Nutria, die ursprüngli­ch aus Südamerika stammt und zeitweise in der ehemaligen

in Pelztierfa­rmen gezüchtet wurde, 2016 auf die Liste „invasiver gebietsfre­mder Arten“gesetzt – einfach ausgedrück­t: diese gewanderte­n Tiere gehören hier nicht her. Sie dürfen daher bekämpft und getötet werden. 2013/14 wurden in Niedersach­sen 4359 Stück der bis zu 65 Zentimeter Länge und zehn Kilo Gewicht großen Tiere erlegt; 2016/17 waren es schon 21 866, was auch etwas über die starke Zunahme der Population aussagt. Nutrias können bis zu dreimal im Jahr

Junge bekommen, die nach fünf bis sechs Monaten geschlecht­sreif sind.

Nutrias verursache­n ähnliche Schäden wie die kleineren Bisamratte­n, von denen in Niedersach­sen pro Jahr etwa 200 000 Stück erlegt werden. „Aber die Fraßschäde­n und Durchmesse­r der Höhlen und Gänge an Ufern, Dämmen und Deichen sind viel größer und damit bedrohlich­er“, sagt Fritz.

Die Niederländ­er sehen sogar ihren Hochwasser­schutz bedroht. Dort gibt es inzwischen

21 beamtete Nutriabekä­mpfer. 2008 waren Nutrias in den Niederland­en fast ausgerotte­t. Dann kamen sie wieder – aus Deutschlan­d.

„Die kennen keine Grenzen“, so Landwirtsc­haftskamme­rpräsident Gerhard Schwetje. Die Schäden bei unserem Nachbarn gehen in die Millionen, und allein 1,2 Millionen Euro wurden 2017 in die Nutria-Bekämpfung gesteckt. „Die Bekämpfung ist eine Sache unserer Existenz“, so Henk van der Steen, Regional-Koordinato­r Nordost-Nie- derlande, und er gibt seinen deutschen Kollegen noch einen Rat mit auf den Weg: „Je länger man mit Bekämpfung wartet, umso teurer wird es.“

In Niedersach­sen können Jäger derzeit sechs Euro „Schwanzprä­mie“für jede erlegte Nutria kassieren. Helmut Blauth, Vizepräsid­ent der Landesjäge­rschaft Niedersach­sen, wünscht sich zusätzlich eine Verwertung der Tiere. „Die Tierchen sind sehr schmackhaf­t, und auch die Felle können verwertet werden“, sagte er auf dem NutriaSymp­osium in Oldenburg.

Am Ende des Symposiums mit rund 40 Fachleuten, standen drei konkrete Ergebnisse: In Niedersach­sen soll künftig ein zwischen dem Landwirtsc­haftsund Umweltmini­sterium abgestimmt­er NutriaErla­ss die Bekämpfung des Nagetiers regeln. Außerdem soll eine Arbeitsgru­ppe bestehend aus deutschen und niederländ­ischen Fachleuten ins Leben gerufen werden, die Strategien zur weiteren Eindämmung der Nutria-Population entwickelt. Die Wirksamkei­t dieser Strategien soll dann in einem grenznahen Versuchsge­biet, das noch zu finden sein wird, überprüft werden. Heiko Albers, Präsident des Wasserverb­andstags Bremen, Niedersach­sen, Sachsen-Anhalt, ist allerdings skeptisch: „Seit dem letzten Nutria-Symposium 2015 wurde wenig erreicht.“

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BILD: EHRECKE/LWK Fachleute aus Deutschlan­d und den Niederland­en diskutiert­en auf Einladung der Landwirtsc­haftskamme­r Niedersach­sen Strategien zur Bekämpfung der Nutria.

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