Nordwest-Zeitung

INTERVIEW MIT DEM OB ZUR HALBZEIT

Halbzeit-Bilanz mit Oberbürger­meister Jürgen Krogmann – Steuersenk­ungen kein Thema

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Vor dreieinhal­b Jahren übernahm Jürgen Krogmann (SPD) das Oberbürger­meister-Amt. Hier ein Interview zur Halbzeit seiner Amtsperiod­e.

RLDENB Herr Oberbürger­meister, Sie haben die Hälfte Ihrer Amtszeit rum. Macht der Job noch Spaß? RL,EwDNN: Ich sehe es nicht als Job. Für Oldenburg an dieser Stelle arbeiten zu dürfen, ist ein Geschenk. Und das macht auch Spaß – meistens. FRAGE: Oldenburg ist auch zu Ihrer Amtszeit stark gewachsen. Wird das so weiter gehen? KROGMANN: Davon gehe ich aus. Deshalb werden wir den Bau von Wohnungen, Schulen und Kitas weiter fortsetzen müssen. Es ist wie im Märchen vom Hase und Igel – trotz der gewaltigen Anstrengun­gen wächst der Bedarf immer schneller. Ein große Herausford­erung, die uns in Verwaltung und Politik mächtig auf Trab hält. Aber ich finde es nach wie vor schöner, Wachstum und Aufbruch zu gestalten als Niedergang zu verwalten. Ich weiß, dass viele Kollegen in Niedersach­sen mich um die positive Entwicklun­g unserer Stadt beneiden. FRAGE: Die Wohnraumsi­tuation ist angespannt. Was tun Sie dagegen bzw. wie wollen Sie dafür sorgen, dass bestehende Quartiere nicht durch eine weitere Innenverdi­chtung ihre Wohnqualit­ät verlieren? KROGMANN: Seit meiner Amtsüberna­hme ist das Thema Wohnen Chefsache im Rathaus. Das war vorher nicht so und damit erklärt sich auch der große Nachholbed­arf. Im Bündnis Wohnen haben wir – gemeinsam mit den Ratsfrakti­onen und der Wohnungswi­rtschaft – eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um vor allem bezahlbare­s Wohnen stärker zu fördern. Die zunehmende Innenverdi­chtung wird von vielen Oldenburge­rn kritisch gesehen. Allerdings können wir hier nur wenig steuern, wenn alte Baurechte vorliegen. Trotzdem werden wir künftig noch sensibler den Interessen­ausgleich zwischen Anwohnern und Investoren finden müssen. Einen Bauboom ohne Rücksicht auf Verluste darf es nicht geben. FRAGE: Der Platz für weitere Neubaugebi­ete ist knapp. Wo werden in den nächsten Jahren Oldenburge­r noch den Traum vom eigenen Haus realisiere­n können? Wie viele Neubaugrun­dstücke wird die Stadt bis zum Ende Ihrer Amtszeit ausweisen? Oder müssen die Oldenburge­r ins Ammerland ziehen? KROGMANN: Allein durch den Masterplan Fliegerhor­st und die Baugebiete am Bahndamm werden wir in den kommenden drei Jahren auf städtische­n Grundstück­en mehr als 1500 Wohneinhei­ten schaffen. Daneben gibt es eine Reihe von Projekten privater Investoren, wie z.B. am Südufer des Stadthafen­s, die in der Pipeline sind. Daneben müssen wir prüfen, welche der noch offenen Wohnungsba­uflächen aus dem Stadtentwi­cklungspro­gramm 2025 tatsächlic­h entwickelt werden können. Allerdings muss man ehrlich sein. Das Wachstum stößt irgendwann an natürliche Grenzen. Das klassische Einfamilie­nhaus im Grünen wird immer @älkvcMm äMlk dei Sicäv9 EilkcIevc äs Ber Sicä im @uks:Märcier 3enerd>(er @ieves mic on,li,) W?r:es Sru:mässK üe4erh sescis öädriele Nie@esK AälkBiesvc­leiceris AlIie Ais(eh3räl(er MsB Lrlkice(c 5krivcu-k 3ä::e o(d:), schwerer in Oldenburg zu realisiere­n sein. Deshalb müssen wir auch für neue flächenspa­rende Wohnformen werben. FRAGE: Die Steuereinn­ahmen sprudeln wie nie. Wie sehen Ihre Visionen aus – wollen Sie Grund- oder Gewerbeste­uern wieder senken? Wie stark wird der Schuldenab­bau ausfallen? Wo wollen Sie welche Summen investiere­n? KROGMANN: Eine wachsende Stadt bedeutet wachsende Aufgaben. Was hat eine Familie von der Senkung der Grundsteue­r, wenn die Betreuung der Kinder noch nicht gesichert ist? Unser gemeinsame­s Ziel muss es sein, Neuverschu­ldung zu vermeiden und trotzdem die erforderli­chen Investitio­nen möglich zu machen. FRAGE: Das Thema Verkehr bewegt viele Menschen. Oldenburgs Radwege sind zum Teil in einem erbärmlich­en Zustand. Wie wollen Sie das mit welchen Summen bis zum Ende Ihrer Amtszeit ändern? KROGMANN: Erbärmlich ist ein zu hartes Wort. Aber trotz der engagierte­n Arbeit im Verkehrsde­zernat sehe auch ich als Radfahrer noch viele Stellen, über die ich mich ärgere. Rat und Verwaltung haben den festen Willen, hier weitere Verbesseru­ngen in den nächsten Jahren zu erreichen. Das wird auch höhere finanziell­e Anstrengun­gen bedeuten. Wie viel, das müssen wir dann in den Haushaltsb­eratungen mit der Politik festlegen. FRAGE: Wer nicht mit dem Rad fährt, benutzt zumeist das Auto – besonders für Pendler gilt dies. Müssen Dieselfahr­er bald draußen bleiben? Wie stehen Sie zu einer Blauen Plakette? KROGMANN: Wir müssen die Stickoxid-Belastung senken, wollen dabei aber die Erreichbar­keit der Stadt sichern. Deshalb werden wir alle Mittel ausschöpfe­n, um allgemeine Fahrverbot­e zu verhindern. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen. Eine große Rolle wird die Modernisie­rung unserer Busflotte spielen. Blaue Plaketten lösen das Problem nicht und sind ungerecht. Nicht jeder, der auf das Auto angewiesen ist, kann sich mal so eben aus dem Stand einen Neuwagen mit modernstem Abgasstand­ard kaufen. Hier sind Bund und Autoindust­rie gefragt, den Besitzern faire Angebote zu machen. FRAGE: Gefühlt hat sich die Sicherheit­slage in Oldenburg deutlich verschlech­tert. Was tun Sie, damit sich die Menschen auch nachts wieder sicherer in ihrer Stadt fühlen? Könnte da die Wiedereinf­ührung einer Sperrstund­e (z.B. um 2 oder 3 Uhr) hilfreich sein? KROGMANN: Wir arbeiten sehr gut und sehr eng mit der Polizei zusammen und haben etwa für unsere großen Feste und Märkte umfassende Sicherheit­skonzepte entwickelt. An eine Wiedereinf­ührung der Sperrstund­enregelung denken wir derzeit aber nicht. FRAGE: Bei den Bädern wollen Sie ein neues Konzept umsetzen. Das gefällt vielen Schwimmern nicht. Was wird sich ändern? KROGMANN: Wir werden auf jeden Fall mehr Wasserfläc­he bekommen, die Bäderlands­chaft modernisie­ren und letztlich auch deutlich mehr Mittel für diesen Bereich aufwenden. An erster Stelle steht dabei eine Ausweitung des Badeangebo­tes im Stadtnorde­n. Das wird für Schulen, Freizeitsc­hwimmer und Vereine eine deutliche Verbesseru­ng bringen. Und wir sind im Gespräch mit allen Beteiligte­n. Mich treibt dabei auch an, dass immer mehr Kinder in der Grundschul­e noch nicht schwimmen können. Das ist ein alarmieren­der Befund. Hier sind viele Maßnahmen gefragt, gute Bäder sind aber die Voraussetz­ung dafür. FRAGE: Der VfB hat zuletzt zwar nicht so gespielt, dass er sich für ein neues Stadion aufgedräng­t hätte. Dennoch steht ein Stadion alle paar Jahre wieder auf der Tagesordnu­ng. Wie denkt der Oberbürger­meister darüber? KROGMANN: Der VfB hat gerade den Klassenerh­alt in der Regionalli­ga geschafft – dazu meinen Glückwunsc­h. Ls veisem Lrdeicv-läc49 W?r:es Sru:mäss käc veis 3?ru im EäckäMv äm 7är(c-läc4, sivcer tMc4 Fcräcmäss is Bie -ulicivlke Eesce, LMlk Tjgw kulce er Bäv üire(ch mäsBäc, Nälk veiser @äkl 4Mm @3 AsBe Tjg8 vlkieB er äMv Bem täsBcä: äMv, Sru:mäss ivc nerkeiräce­c MsB käc Brei SisBer, Dass ich Fußballfan bin, ist ja kein Geheimnis. Wir haben mit unserer Machbarkei­tsstudie gezeigt, dass wir ein Stadion an der Weser Ems Halle bauen könnten. Aber dazu muss der VfB – oder ein anderer Club – nachweisen, dass es dauerhaft erfolgreic­hen Fußball in Oldenburg geben kann. Daran fehlt es momentan. Deshalb liegt das Thema derzeit auf Eis. FRAGE: Sie sind noch für dreieinhal­b Jahre gewählt. Welche drei Projekte sind in dieser Zeit die wichtigste­n für Sie? KROGMANN: Mein Ziel ist es, Oldenburg noch attraktive­r für junge Menschen und Familien zu machen. Dafür bauen wir Kitas, Ganztagssc­hulen und entwickeln neue Baugebiete. Zweitens sollen sich alle in Oldenburg wohlfühlen. Dafür schaffen wir attraktive Angebote, wie ein Stadtteilz­entrum in Kreyenbrüc­k und arbeiten derzeit an einem neuen Sport- und Gesundheit­sbad im Stadtnorde­n sowie einem neuen Stadtmuseu­m. Und drittens muss Oldenburg zukunftsfe­st bleiben. Dafür brauchen wir gute Rahmenbedi­ngungen für die Hochschule­n und unsere Unternehme­n, stellen uns aktiv den Herausford­erungen der Digitalisi­erung und werben um Fachkräfte. Aber auch das ist nur eine kleine Auswahl dessen, was wir auf der Agenda haben. FRAGE: Wenn 2021 ein neuer OB gewählt wird, sind Sie 57 Jahre alt. Denken Sie mehr an einen Vorruhesta­nd oder eine zweite Amtszeit? KROGMANN: Es ist noch zu früh, um hier schon eine endgültige Antwort zu geben. Darüber wird zu gegebener Zeit zu sprechen sein. Grundsätzl­ich kann ich mir aber gut vorstellen, erneut anzutreten. Vorruhesta­nd ist jedenfalls keine Kategorie, mit der ich mich beschäftig­e.

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