Liberaler Hoffnungsträger endete tragisch
Vor 50 Jahren wurde Robert Kennedy im Wahlkampf erschossen
WASHINGTON Manche trugen kleine amerikanische Fahnen und legten die rechte Hand auf das Herz, als der Zug langsam vorbeifuhr. Andere bekreuzigten sich. Und vereinzelt sah man handgemalte Plakate mit Aufschriften wie „So long Bobby“. Die amerikanische Nation nahm Abschied von einem Hoffnungsträger: Robert F. Kennedy.
In der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 1968 war er nach dem Sieg bei den Vorwahlen in Kalifornien im Ballsaal eines Hotels in Los Angeles angeschossen und lebensgefährlich verletzt worden. Am 6. Juni war er seinen Verletzungen erlegen.
Der Politiker wurde mitten im Präsidentschaftswahlkampf des bewegenden, chaotischen Jahres 1968 jenem Amerika entrissen, das auf eine Linderung der sozialen Spannungen und der Rassenunruhen, vor allem aber auf ein Ende des Krieges in Vietnam hoffte.
Kennedy, der nur 42 Jahre alt wurde, wäre der zweite katholische Präsident der USA geworden, nach seinem fünf Jahre zuvor ebenfalls ermordeten Bruder John. Nur nach langem Zögern hatte sich Robert bereiterklärt, in die Fußstapfen seines Bruders John zu treten – und starb ähnlich tragisch. Mit dem 50. Jahrestag des Attentats auf „Bobby“Kennedy wird in den USA wieder die Erinnerung an einen Politiker wach, unter dem – hätte er tatsächlich gegen den Republikaner Richard Nixon im November 1968 antreten können und gewonnen – die USA wohl eine gänzlich andere Entwicklung genommen hätten. Und so hatte das Epochenjahr 1968 vielfältige Folgen, und es hat die politische Landschaft der USA wohl bis heute verändert.
Denn statt eines Schwenks hin zu mehr Liberalismus machten die USA nach Kennedys Ermordung eine Art konservative Revolution durch. Auf den nach der Watergate-Affäre 1974 zurückgetretenen Richard Nixon folgte 1980 Ronald Reagan.
Zum 50. Todestag häufen sich die Dokumentationen über Robert Kennedy und seinen Wahlkampf der einhundert Tage. Hollywood produziert einen Film mit Matt Damon in der Rolle Kennedys; der TV-Streaming Service Hulu hat eine mehrteilige MiniSerie im Programm, in der Chris Pine den Senator spielt. Das Konkurrenzunternehmen Netflix steht nicht zurück und bietet – seit dem 24. April – eine Dokumentation in vier Teilen.