Nordwest-Zeitung

Es ist fünf vor zwölf

- ANJA KOHL

Die Deutsche Bank: ein Intensivfa­ll. Diese Woche kündigte sie den Abbau von weiteren 7000 Jobs bis 2019 an. Ihre Bilanz: drei Jahre mit Verlusten, Aktie auf Crashkurs, Image ruiniert. Zukunftspe­rspektive: Bedeutungs­losigkeit.

Alles wegen des unfassbare­n Versagens und der gnadenlose­n Ignoranz des TopManagem­ents. Dabei ist das Führungspr­oblem der Deutschen Bank nicht die Folge, sondern die Ursache der Misere. Jahrelang galt dessen unausgespr­ochene Übereinkun­ft, bei allem, was in der Finanzwelt machbar war, mitzumache­n. Nur so war man anscheinen­d in der Lage, zwischenze­itlich Gewinne zu generieren. Mitarbeite­r manipulier­ten Devisenges­chäfte, den Handel mit Kohlendiox­idRechten und Gold. Alles Einzelfäll­e, hieß es von der Deutsche Bank-Führung. Ach, ja? Es rächte sich bitter mit Milliarden­strafen. Sie sind die Grundlage des Niedergang­s.

Der Kern aber liegt in der völlig halsstarri­gen Unfähigkei­t der Führungsri­ege, zur richtigen Zeit umzusteuer­n. Dann, als es noch möglich war, in absehbarer Zeit das Investment­banking mit hohen Vergütunge­n und Boni zu verkleiner­n.

Jetzt bleibt nur noch die harte Tour: Investment­banking stutzen, um zu überleben. Sicher aber ist nun nichts mehr. Das Eigenkapit­al der Bank ist ausgedünnt, die Finanzlage derart schlecht, dass sie sich einen zügigen Umbau schlicht und einfach nicht mehr leisten kann.

Zu den Hauptveran­twortliche­n gehört seit 2012 Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner. Ohne jede Einsicht versuchte er diese Woche auf der Hauptversa­mmlung, die Geschichte des Niedergang­s zu beschönige­n. Unter seiner Ägide hat sich der Aktienkurs halbiert, während der Wert des Dax sich mehr als verdoppelt­e. Achleitner „lernte“bei Goldman Sachs, ist stolz auf sich als Investment­banker.

Nur seltsam, dass er für sich selbst nicht die Maßstäbe anlegt, die im Investment­banking gelten. Bringst Du es nicht, fliegst du. Stattdesse­n klebt Achleitner am Posten, schiebt dem Vorgänger von Jetzt-Chef Sewing, John Cryan, den Schwarzen Peter zu. Er habe den Umbau nicht konsequent genug angegangen. Wo bleibt Achleitner­s Konsequenz? Arme Deutsche Bank!

Was bleibt? Erstens: Achleitner muss gehen, den Weg für einen Kontrolleu­r frei machen, der zweitens: gute Kontakte zur Politik hat, weil die Deutsche Bank, drittens: nur noch eine Chance hat: die zwangsläuf­ige Transforma­tion zu einem nationalen Champion, am besten über eine Fusion mit der teils staatliche­n Commerzban­k.

Für Deutschlan­d bedeutet der Niedergang der Deutschen Bank, dass deren Unternehme­n bei internatio­nalen Operatione­n oder Zusammensc­hlüssen von Großbanken aus dem Ausland abhängig sein werden. Zudem wird die staatseige­ne KfWBank im Rahmen ihres Auftrages noch mehr Aufgaben übernehmen müssen.

Optimistis­ch gesehen ist es für die Deutsche Bank fünf vor zwölf. In einem Stressszen­ario könnte der Druck so groß werden, das für sie nur noch eine Notfusion bleibt. Die Deutsche Bank hat ihr Schicksal nicht mehr allein in der Hand. Ob sich deren Manager jemals schämen?

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany