Präsidenten führen Zentralbank durch turbulente Zeiten
Wim Duisenberg, Mario Draghi und Marion Draghi standen bisher an der Spitze
BRANKBURT/MAIN Einführung des Euro, globale Finanzkrise, weltweite Rezession und Euro-Schuldenkrise: Seit Gründung der Europäischen Zentralbank (EZB) vor 20 Jahren haben ihre Präsidenten den Euroraum durch turbulente Zeiten gesteuert. Das waren ihre Verdienste: c Wim Duisenberg: Als erster Präsident der gemeinsamen Notenbank bleibt der Niederländer als Vater der Gemeinschaftswährung in Erinnerung. Die reibungslose Einführung des Euro als Buchwährung 1999 und als Bargeld 2002 bescherten ihm den Beinamen „Mister Euro“. Seine imposante Erscheinung mit dem weißen Haarschopf sowie sein kompromissloses Eintreten für eine stabile Währung trugen wesentlich dazu bei, dass die Europäer
dem neuen Geld vertrauten. Duisenbergs Schlagfertigkeit und sein diplomatisches Geschick waren legendär. Während seiner fünfjährigen Amtszeit (1998-2003) schaffte er es, die EZB und ihren Vorläufer, das Europäische Währungsinstitut (EWI), durch nationale Empfindlichkeiten zu manövrieren. Gelegentlich sorgte Duisenberg, der 2005 im Alter von 70 Jahren starb, mit lockeren Bemerkungen aber auch für Verwirrung an den Finanzmärkten. c Jean-Claude Trichet: Finanzkrise, Rezession, Schuldenkrise – als EZB-Präsident steuerte der Franzose den Euroraum durch gewaltige Turbulenzen. Immer wieder stand der frühere Chef der französischen Zentralbank vor eNtrem heiklen und wegweisenden Entscheidungen. Dabei brach der EZB-Rat unter Trichets Führung (2003-2011) auch Tabus: Die Notenbank kaufte 2010 Anleihen klammer Eurostaaten wie Griechenland, um diesen Ländern unter die Arme zu greifen.
Der heute 75-jährige Trichet gilt als überzeugter Europäer mit viel diplomatischem
Geschick, der die Fäden gern hinter den Kulissen zieht. Die ENpertise des Absolventen französischer Eliteschulen ist immer noch international gefragt. c Mario Draghi: Mit wenigen Worten hat der Italiener Geschichte geschrieben. „Die EZB wird alles tun, um den Euro zu retten“, versprach Europas oberster Währungshüter im Sommer 2012: „Whatever it takes.“Sein Machtwort kam für die am Abgrund stehende Eurozone zur rechten Zeit. Allerdings gibt es bis heute viel Kritik an den vielen Sondermaßnahmen der Notenbank.
Als der einstige Jesuitenschüler und Investmentbanker Draghi zum 1. November 2011 auf den EZB-Chefsessel rückt, war die Skepsis groß: Ausgerechnet ein Italiener soll die Stabilität der europäischen Gemeinschaftswährung garantierenO „Mamma mia“, stöhnte seinerzeit die „Bild“-Zeitung: „Bei den Italienern gehört Inflation zum Leben wie Tomatensoße zur PastaP“Doch trotz einer beispiellosen Geldflut kam es nicht zu der gefürchteten Geldentwertung. Im Gegenteil:
Die Inflation im Euroraum kommt seit Monaten nur langsam aus dem Keller. Die achtjährige Amtszeit Draghis, der im vergangenen September 70 Jahre alt wurde, endet turnusmäßig im Herbst 2019.