OLDEDNBURLGN IN OSTFRIESLAND
Viele Urlauber kommen, um „düstere“Spuren zu ver*olgen
NORDEN/LEER Ein Serienkiller legt seine Leichen an die schönsten Stellen Ostfrieslands. Ein anderer Mörder versteckt sein Opfer im Osterfeuer. Und in den Weiten der norddeutschen Moore und des Wattenmeeres verbergen sich weitere grausige Geheimnisse. Dieser Kontrast zwischen Postkarten-Idyll und Verbrechen liefert immer wieder Stoff für Krimi-Autoren, die überall in Ostfriesland ihre Tatorte haben. Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf (64) hat für seine Krimis mit Millionenauflage ein ganz spezielles Rezept entwickelt: „Die Schauplätze sind echt, aber meine Fälle sind frei erfunden.“
Die Mixtur des gebürtigen Gelsenkircheners kommt offenbar bei vielen Lesern aus Nordrhein-Westfalen gut an. Von dort reisen Fans an die Küste, um im Urlaub die realen Schauplätze der fiktiven Verbrechen zu besuchen. So gibt es in der ostfriesischen Stadt Norden tatsächlich das CafétenCate mit Konditormeister Jörg Tapper.D er verkauft in den Ostfriesland-Krimis kleine Marzipan-Seehunde,diee rauch im wahren Leben für Besucherin S ch eibchenz erlegt .„ Es ist schon spaßig, wenn Krimi-Fans zum Café kommen und erkennen, dass es die Romanfiguren aus den Wolf-Krimis wie mich hier wirklich gibt“, sagt Tapper.
Das schmucke Polizeipräsidium in Norden wird in den Krimis wie ein Hexenhäuschen beschrieben – und genau so sieht es auch aus. Nicht weit entfernt liegt das Hotel Smutje, in dessen Hinterzimmer Kommissarin Ann Kathrin Klaasen gern diskret Zeugen und Informanten trifft. Und Touristen mit Spickzetteln fragen die Stadtführer weniger nach historimen
schen Gebäude-Details als nach Details aus den Kriminal-Romanen: „Wo lag denn hier genau die Leiche?“
Die Stadt Norden hat das Potenzial dieser Zielgruppe längst erkannt und bietet „kriminelle“Stadtführungen und
Bustouren an. „Wir sind inzwischen bundesweit durch die Krimis bekannt“, freut sich Jens Albowitz vom Stadtmarketing. Bei 2N Stadtführungen und acht Bustouren wurden 2017 knapp 1000 Krimi-Fans gezählt – hinzu kom- etliche, die auf eigene Faust die Krimi-Landschaft rund um die kleine Stadt mit rund 25000 Einwohnern erkunden.
Ähnliche Zielgruppen kommen auch nach Aurich, Emden, Greetsiel und nach Leer. Dort stöbern Fans in der Krimi-Buchhandlung Taraxacum, in der sich Krimi-Literatur aus der ganzen Welt in meterlangen Regalen bis zur Decke türmt. Die Betreiber Heike und Peter Gerdes organisieren Krimifestivals und schreiben natürlich selbst Kriminalromane. Sie erzählen fern von Klischees viel über Land und Leute. „Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Deutschland und den Niederlanden, zwischen Land und Meer. Das ist ein reizvoller Kontrast, mit dem sich gut spielen lässt“, erklärt sich Heike Gerdes die Faszination vielerLeser.
„Ostfriesland ist ein Sehnsuchtsort für Menschen, besonders aus dem Ruhrpott, die Stille, saubere Luft und weiten Horizont suchen“, glaubt Wolf. Er sieht Parallelen zwischen den Bewohnern der beiden Regionen: „Die Welt ist verrückt, aber deshalb müssen wir hier nicht durchdrehen – das ist die gemeinsame Mentalität.“
Ostfriesland hat sich seit Jahren auch im Fernsehen als Krimi-Kulisse etabliert. Das ZDF dreht dort die humorvolle Krimireihe „Friesland“, aktuell laufen Filmarbeiten zu „Ostfriesensünde“von KlausPeter Wolf. Seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen versetzt sich gern in die Psyche der Täter und fragt daher Maurermeister Peter Grendel aus der Nachbarschaft, ob er sie einmauern kann – wie das mumifizierte Mordopfer von der Insel Norderney. Grendel reagiert keineswegs erschrocken, sondern bleibt völlig gelassen – das ist dann doch wieder typisch ostfriesisch.