Das Bauen von Mauern kommt wieder in Mode
Architektur-Biennale eröffnet – Deutscher Pavillon und erstmals auch Vatikan in Venedig dabei
VENEDIG Venedig hat am Freitag die Eröffnung der 16. Ausgabe der internationalen Architektur-Biennale gefeiert. Sie trägt diesmal den Titel „Freespace“(„Freiraum“).
Bei der 1895 einst als Kunstschau initiierten, seit 1980 im jährlichen Wechsel auch als Architekturausstellung ausgerichteten Veranstaltung wurde ursprünglich das Ziel verfolgt, die Lagunenstadt durch diese weitere touristische Attraktion aus der Krise zu führen. Die stets wachsende Besucherzahl führt den Erfolg vor Augen und auch in diesem Jahr ist wieder mit einem Publikumsansturm zu rechnen. Damit wird die Ausstellung jedoch nicht nur in der Sache per se einer Diskussion ausgesetzt – Blick in den deutschen Pavillon
bereits im Vorfeld wies in den vergangenen Tagen eine Gruppe Demonstrierender auf die Schattenseiten dieses Erfolgs für die Bewohner der Stadt hin. In historischen Pavillons auf dem parkartigen Areal „Giardini“und der ehemaligen Industrie- und Marinegebiet „Arsenale“sowie in historischen Palazzi an Orten in der ganzen Stadt zeigen Nationen jeweils ihre Interpretation zu dem Thema. Das von den Organisatorinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara zu diesem Anlass geschriebene Manifest „Freespace“fordert die Freiheit der Kreativität und den Menschen wieder mehr in den Fokus von Architektur zu stellen.
Während einige Ausstellungen recht konventionell konkrete Architekturprojekte zur Umnutzung oder Umge- staltung von Gebäuden oder Baulücken präsentieren, werden die Besucher an anderen Stellen mit kühnen Installationen und Visualisierungen bis hin zu Versuchen der Darstellung von gedanklichen Utopien konfrontiert, die nicht immer sofort verständlich sind.
Am pointiertesten stellt wohl der britische Pavillon das Thema vor Augen: Da bleibt der Innenraum schlichtweg leer. Laut Kurator Adam Caruso soll mit täglichen Tea-Time-Zeremonien um 16 Uhr „der großzügige Charakter der Briten unter Beweis gestellt werden“, bevor Großbritannien die EU verlässt. Ein Biennale-Debüt gibt es auch. So beteiligt sich der Vatikan erstmals mit einem Beitrag und ließ temporäre Kapellen auf der Insel San Giorgio Maggiore errichten.
Dass das Thema der Freiräume weiter von Interesse ist, wird vor allem in der Ausstellung „Unbuilding Walls“im deutschen Pavillon deutlich, wo auch die gesellschaftlichen Folgen des Baus von Mauern vor Augen geführt werden. Der Beitrag befasst sich mit der Geschichte vor und nach dem Mauerfall. Kuratoren sind die Ex-Bundesbeauftragte für die StasiUnterlagen, Marianne Birthler, und das Berliner Büro Graft.
Wie aktuell das Bauen von Mauern ist, zeigt eine anschließende Dokumentation von sechs weltweiten Fällen: Israel, Korea, Nordirland, Mexiko, Zypern und Spanien.
Die Biennale läuft bis zum 25. November; Eintritt 25 Euro.