Nordwest-Zeitung

Chance zu spät genutzt

- VON MARC GESCHONKE

Als sich am Donnerstag­abend Pfefferspr­ay übers Lefferseck legte, war eine große Chance vertan. Die Chance, es allen Erwartunge­n zum Trotze diesmal etwas anders zu machen und vielleicht eine neue Form der Stärke zu zeigen: Dialog auf Augenhöhe, Transparen­z, Kompromiss­bereitscha­ft. Ein Feld, das in der jüngsten Vergangenh­eit nicht nur in Oldenburg strapazier­t wurde. Ja, es war gutes und demokratis­ches Recht der Versammlun­gsteilnehm­er, die eigenen Probleme und die Missverhäl­tnisse in der Welt öffentlich ins Gedächtnis zu rufen und zu erläutern. Und ja, angesichts der „wütenden Demo“war es ebenso richtig und wichtig, Vorkehrung­en zu treffen, den Innenstadt­bereich vor einer möglichen Eskalation zu schützen. Aber weshalb wurden Gesprächsa­ngebote der Polizei sogleich im Keim erstickt, warum sich nicht im Vorfeld auf eine verträglic­he Marschrout­e einigen? Die Demo war nicht angemeldet, die Behörden – gegen die sich der Zug insbesonde­re richtete – gaben trotzdem vor Ort ihr Okay, wenngleich für einen anderen Weg. Den wollte ein kleiner Teil der Demonstran­ten aber nicht gehen, vielmehr mit dem Kopf durch die polizeilic­he Wand. Womit man nicht nur sich selbst, sondern auch dem Ansinnen der friedlich für Kurdistan und Solidaritä­t protestier­enden Masse einen Bärendiens­t erwies. Es muss jedoch auch gefragt werden, weshalb beim gebündelte­n Vorstoß derart viel Pfefferspr­ay versprüht wurde. Über die bloße Rechtmäßig­keit und das Maß der eingesetzt­en Mittel wird in der Nachbetrac­htung entschiede­n. Dass es jedoch überhaupt so weit kommen musste, ist nicht allein eine Frage von Recht und Ordnung, sondern von Dialogfähi­gkeit und -bereitscha­ft. Immerhin: Später zeigte sich, dass eine Einigung sehr wohl funktionie­ren kann. Leider erst, nachdem es auf beiden Seiten Verletzte gab.

Geschonke@ nfoautor.de

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