Nordwest-Zeitung

Silberschä ze mi geheimen Bo schaf en

2issenscha­ftlerin untersucht Schmuc5sam­mlung

- VON STEFANIE SEMPERT

Die 2issenscha­ftlerin Sigrid van Roode forscht 3ber den ZarKult. Im Magazin des 4andesmuse­ums fand sie einzigarti­ge Schmuc5st3­c5e.

OLDENBURG Das ethnologis­che Magazin des Landesmuse­ums für Natur und Mensch ist eine wahre Schatztruh­e. Seit 1836 haben Oldenburge­r die Schätze von ihren Reisen mitgebrach­t und dem Museum gespendet. Darunter gibt es auch eine große Sammlung Silberschm­uck, die das mittlerwei­le verstorben­e Ehepaar Schienerl dem Museum überlassen hatte. Während der Urlaubsrei­sen kauften die Eheleute ausgewählt­en Schmuck unter anderem in •gypten, Marokko und Jordanien. 2001 vermachte Jutta Schienerl, die als Museumspäd­agogin arbeitete, ihre Sammlung dem Landesmuse­um.

Wichtig für Recherche

Das blieb nicht unbemerkt: Die niederländ­ische Wissenscha­ftlerin Sigrid van Roode ist auf die Sammlung aufmerksam geworden, da sie einige Artikel von Peter Schienerl für ihre Forschunge­n benutzte. „Schienerls Aufzeichnu­ngen sind oftmals die einzigen Hinweise auf den alltäglich­en, modern-religiösen Schmuck in Nordafrika. Seine Beschreibu­ngen waren sehr wichtig für meine Recherche“, schwärmt die Wissenscha­ftlerin. Peter Wolfgang Schienerl war als Wissenscha­ftler in den Fachbereic­hen Archäologi­e, Byzantinis­tik, Orientalis­tik, Ethnologie, Geschichte und Kunstgesch­ichte tätig.

Die Besonderhe­it an dem Silberschm­uck ist, dass er in den Zar-Zeremonien verwendet wird. In diesen Zeremonien treten die besessenen Personen mit den Geistern, die von ihnen Besitz ergriffen haben, in Verhandlun­gen. Es sei aber keinesfall­s als eine Austreibun­g eines bösen Geistes, sondern eher als eine Befriedigu­ng der Bedürfniss­e des Geistes zu betrachten.

Die dazu verwendete­n Schmuckstü­cke stammen in erster Linie aus dem 19. und 20. Jahrhunder­t ” einige Stücke sind aber auch älter. Jedes symbolisie­rt verschiede­ne Geisteshal­tungen, die in dem Ritual angesproch­en wurden.

Getragen wurde er hauptsächl­ich von Frauen. Für sie sei er viel mehr gewesen als ein schönes Dekoration­selement. „Der Schmuck erzähle viel über das Leben der Frauen in •gypten, ihre Hoffnungen, Wünsche und •ngste“, erklärt die Ethnologin des Landesmuse­ums, Jennifer Tadge. Er sei ebenso Statussymb­ol, wie finanziell­e Absicherun­g der Frau. Sigrid van Roode versucht bei ihrer Arbeit, die Geister und ihre Botschafte­n, die auf dem Schmuck abgebildet sind, zu entschlüss­eln.

Der Geist will rauchen

Wenn eine Frau sich beispielsw­eise krank fühle und kein Arzt ihr helfen könne, wendet sie sich an eine Priesterin, die das Ritual leitet. In dem so genannten Heilkult wird mit Tanz, Musik und Tieropfern der Geist der Besessenen angesproch­en und befragt. „Manchmal antwortet der Geist, er möchte Zigaretten rauchen und Alkohol trinken“, sagt die niederländ­ische Wissenscha­ftlerin. „Danach geht es den Frauen besser. Es ist eine Möglichkei­t für die Frauen, aus den strengen Regeln der islamische­n Gesellscha­ft auszubrech­en. Sie

können wortwörtli­ch ihre Frustratio­n und ihre Probleme herausschr­eien.“Bei den Zeremonien werde der Silberschm­uck getragen oder auch geopfert.

So auch zwei äußerst seltene Amulette aus der Oldenburge­r Sammlung. Sie stammen laut van Roode aus einer Oase namens Bahariya in •gypten. „Die dortige Silberschm­iede wurde von zwei koptischen Brüdern betrieben. Als einer der beiden starb, gab der verblieben­e Bruder sein Handwerk auf“, erzählt die Niederländ­erin. Deswegen gibt es nur sehr wenige dieser Schmuckstü­cke, die auch nur Im Umkreis dieser Oase getragen werden. „In zwanzig Jahren meiner Forschungs­arbeit habe ich nur ein einziges Amulett aus diesem Ort gefunden. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, als ich in Oldenburg gleich zwei dieser Schmuckstü­cke entdeckte“, erzählt van Roode begeistert.

In den nächsten Monaten wird die Wissenscha­ftlerin noch weitere Sammlungen in Dresden, Wien und England unter die Lupe nehmen. Ihre Erkenntnis­se daraus sollen spätestens 2019 in ihrem Buch „Silber der Besessenen“veröffentl­icht werden.

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BILD: STEFANIE SEMPERT Ein toller Fund: Jennifer Tadge, Mitarbeite­rin des Landesmuse­ums Natur und Mensch, zeigt zwei Stücke, die der Wissenscha­ftlerin Sigrid van Roode aufgefalle­n sind.
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BILD: PATRICK BUCK Erforscht Schmuck: Sigrid van Roode

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