Nordwest-Zeitung

Warum sich Männer in schicke Oldtimer verlieben

Als Beifahrer erlebt Ð-Redakteur Christoph Kiefer seine erste Wertungsfa­hrt

- VON CHRISTOPH KIEFER

OLDENBURG „Vorsicht beim Einsteigen! Wenn man erst mal drin sitzt, dann geht’s.“– Der Tipp von Friedrich-Carl Freiherr von Ketteler kam genau richtig. Erst die langen Beinen ganz in den Fußraum ausstrecke­n, bevor ich mich ins Autos schlängeln und auf dem Sitz niederlass­en kann.

Ist das angenehm! Zum ersten Mal in meinem Leben nehme ich als Beisitzer in einem Oldtimer an einem Wertungsfa­hren, dem City Grand Prix am Freitagabe­nd, teil. Und in was für einem Oldtimer! Der Triumph Gloria 6 Southern Cross, Baujahr 1935, ist ein todschicke­r britischer Sportwagen. Mit Cabrio-Feeling obendrauf.

„Von diesem Fahrzeug wurden wahrschein­lich insgesamt nur zwölf Exemplare gebaut, von denen noch fünf existieren dürften“, sagt der stolze Besitzer. „Der britische Rennfahrer Tony Rolt hat in diesem Wagen 1936 das Rennen von Spa gewonnen“, erklärt der „Triumph“-Fan und vermisst wohl mein KennerNick­en, das an dieser Stelle nötig wäre.

Ich kann meine Augen kaum lösen von den schwungvol­len Linien der dunkelgrün lackierten Karosserie. Armaturen, Steuerknüp­pel, Sitze – alles fühlt sich edel und wertig an.

Hunderte Augenpaare sind auf uns gerichtet, als der Wagen auf die Startrampe fährt. Moderator Johannes Hübner, der über manche Oldtimer wohl mehr weiß als deren Besitzer selbst, stellt übers Mikrofon in rühmenden Worten unser edles Renngefähr­t vor. Ich verstehe, dass sich die Besitzer in diesem Moment nicht nur in der Abendsonne

wärmen...

Der Parcours führt über Lange Straße und Bergstraße zum Wall – ohne Servolenku­ng gar nicht so leicht. Auf dem Wall gibt Freiherr von Ketteler Gas – wie Tempo 70 fühlt sich das an. „Wir fahren

45“, klärt mich der Fahrer auf.

Die Zuschauer klatschen, zücken ihre Smartphone-Kameras. Auf der Huntestraß­e, mit dem Schloss im Blickfeld, stehen die Zuschauer dicht gedrängt. Ihr Beifall gilt den vielen wunderschö­nen Oldti- mern. Angefeuert werden muss an diesem Abend niemand. Auf eine möglichst genaue Einhaltung der vorgegeben­en Rundenzeit kommt es an – wer zu langsam oder zu schnell ist, kassiert Strafpunkt­e. Freiherr von Ketteler liest die Geschwindi­gkeit von einer App auf seinem Smartphone ab. „Der Tacho geht im Moment nicht richtig“, sagt er entschuldi­gend. Soviel moderne Technik darf sein.

Nach gut 20 Minuten ist der erste Durchgang des City Grand Prix vorbei. Wir biegen ins Fahrerlage­r auf dem Schlosspla­tz ab. Beim Ausstieg fällt mir der Tipp von vorhin ein. Die Beine ganz zum Schluss... Ich habe keine Eile mit dem Rauskommen. So viel Spaß hat mir Autofahren schon lange nicht mehr gemacht.

@ Ein Video von der Fahrt sehen Sie unter www.NWZonline.de

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BILD: MARTIN REMMERS Friedrich-Carl Freiherr von Ketteler (links) und Ð-Redakteur Christoph Kiefer in einem Triumph Gloria 6

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