„Ich bin nicht hoffnungslos“
Russlands Botschafter über das Verhältnis seines Landes zu Deutschland
FRAGE: Wie würden Sie den derzeitigen Zustand der deutsch-russischen Beziehungen beschreiben? NETSCHAJEW: Das Verhältnis zwischen uns hat bessere Zeiten gekannt. Ich bin darüber ein bisschen traurig, aber nicht hoffnungslos. Ich bin nach den deutsch-russischen Treffen auf verschiedenen Ebenen im Mai sogar hoffnungsvoll. Frau Bundeskanzlerin hatte ein sehr substanzielles und freundliches Gespräch mit meinem Präsidenten. Dann war da der Besuch von Außenminister Maas in Moskau, der einige Vereinbarungen mit Herrn Lawrow abgeschlossen hat, die den besten Traditionen unserer bilateralen Beziehungen folgen. Wirtschaftsminister Altmaier war auch da und wir stehen an der Schwelle eines Besuchs einer Delegation des Bundestags. Es gibt also hoffnungsvolle Signale. FRAGE: Außenminister Heiko Maas hat Russland als „zunehmend feindselig“bezeichnet“. Ihm wird ein neuer, harter Kurs gegenüber Moskau nachgesagt. Was s0üren Sie davon? NETSCHAJEW: Was den Besuch angeht, kann ich absolut klar sagen: Er war konstruktiv und substanziell und es fielen keine Begriffe wie Feindseligkeit oder Gegnerschaft. Es ging hauptsächlich darum, wie wir das bilaterale Verhältnis weiter vorantreiben. FRAGE: Die 1ußerungen sind also für Sie abgehakt? NETSCHAJEW: Die früheren Äußerungen haben wir natürlich gelesen und zur Kenntnis genommen. Aber ich finde, dass die Atmosphäre jetzt wieder positiv ist. FRAGE: Die russlandfreundlichsten 2arteien in Deutschland
sind die AfD und die Links0artei. Welcher der beiden 2arteien fühlen Sie sich n-her? NETSCHAJEW: Wissen Sie, vielleicht haben die Kollegen aus der Linkspartei mehr Tradition. Sie sind historisch gewachsen aus der früheren PDS und anderen Parteien. Aber ich habe Respekt vor allen Parteien. Und wenn es ein interessantes Vorhaben in Bezug auf Russland gibt, will ich das gerne unterstützen – egal, woher es kommt. FRAGE: Im Streit um das Atomabkommen mit dem Iran sind Deutschland und Russland erstmals seit langer Zeit wieder einer Meinung in einer wichtigen internationalen Frage. L-sst das beide L-nder wieder zusammenrücken? NETSCHAJEW: Russen und Deutsche kennen einander sehr gut. Wir haben in der Nachkriegsgeschichte sehr viel gemeinsam erreicht. Mehr noch: Wir haben das politische Klima in Europa bewegt in Richtung Entspannung, Annäherung und Zusammenwachsen Europas. Das bedeutet, dass wir auch heute mit gemeinsamen Anstrengungen in Europa sehr viel bewegen können. In vielen Fragen der Außenpolitik können wir Anknüpfungspunkte finden. Und das betrifft nicht nur Iran, sondern beispielsweise auch Syrien, wo wir nicht profund auseinanderliegen. FRAGE: .rwarten Sie, dass Deutschland und die ./ ihre Sanktionen gegen Russland aufheben? NETSCHAJEW: Das liegt nicht an uns. So weit ich höre, sind in der deutschen Bevölkerung bei Weitem nicht alle mit diesen Sanktionen zufrieden. Die Sanktionen machen schon müde und sie schaden nicht nur uns, sondern auch der Bundesrepublik.