Nordwest-Zeitung

SCHMERZTHE­RAPIE BEI KREBS-PATIENTEN

ZJ.OG-Patienten sind besonders häufig hilfebedür­ftig

- VON KLAUS HILKMANN

Schmerzen können sehr unterschie­dliche Ursachen haben und sind für viele Menschen ein täglicher Begleiter. Insbesonde­re Krebs-Patienten müssen oft damit leben.

OLDENBURG Wie und warum ein Schmerz entsteht, wird in der Medizin heute nach dem bio-psycho-sozialen Modell erklärt. Demnach können mehrere Faktoren dazu beitragen, ob und in welcher Ausprägung es zu einem Schmerzemp­finden kommt.

Neben den etwa nach einem Wespenstic­h im Körper ablaufende­n Mechanisme­n spielen demnach auch die psychische Verfassung, die Persönlich­keitsstruk­tur und das soziale Umfeld des Betroffene­n eine wichtige Rolle, erklärt Dr. Carsten Bantel, Oberarzt in der Universitä­tsklinik für Anästhesio­logie, Intensiv-, Notfallmed­izin und Schmerzthe­rapie im Klinikum Oldenburg: „Das bio-psycho-soziale Modell umfasst alle Aspekte, die für den Schmerz relevant sind. Das hat den großen Vorteil, dass man bei der Schmerzthe­rapie an mehreren Stellen ansetzen kann, die zur Linderung der Beschwerde­n beitragen können.“

Das individuel­le Schmerzemp­finden sei letztlich das Ergebnis des Zusammenwi­rkens der etwa mit einer Verletzung verbundene­n klinischen Abläufe mit verschiede­nen psychische­n und sozialen Faktoren. Das führe dazu, dass der Schmerz von jedem Menschen anders wahrgenomm­en werde, betont Dr. Bantel: „Wer sich ansonsten gut fühlt, nimmt den Wespenstic­h oftmals mit einem kurzen Aua hin und denkt nicht weiter darüber nach. Das kann ganz anders sein, wenn man sich schon vorher körperlich oder seelisch angeschlag­en gefühlt hat.“Der gleiche Vorfall kann – je nach Lebenssitu­ation – als völlig harmlos oder stark belastende­s Unglück empfunden werden.

Permanente Probleme

Eine ärztlich kontrollie­rte Schmerzthe­rapie kann erforderli­ch sein, wenn der Betroffene in Folge einer Verletzung oder Erkrankung immer wieder bzw. permanent unter starken Beschwerde­n leidet, die eine annehmbare Lebensqual­ität unmöglich machen.

Vor allem nach größeren Operatione­n ist eine Schmerzbeh­andlung in der Regel unerlässli­ch, weil dabei unvermeidl­ich Gewebeverl­etzungen entstehen, die bis zur Abheilung ganz natürlich mit postoperat­iven Schmerzen verbunden sind. Hierfür sind verschiede­ne Therapiemö­glichkeite­n vorhanden, die von den verantwort­lichen Anästhesis­ten bei einer OP bereits prophylakt­isch eingesetzt werden.

Neben Patienten mit chronische­n Kopf-, Gelenk- und Rückenschm­erzen oder psychosoma­tischen Problemen leben vor allem viele Menschen mit einer Krebserkra­nkung häufig auch mit einer erhebliche­n Schmerzsym­ptomatik. Insbesonde­re in fortgeschr­ittenen Stadien wäre das Leben ohne eine wirksame, ärztlich kontrollie­rte Schmerzbeh­andlung für viele Betroffene eine Qual.

Eine qualifizie­rte Schmerzthe­rapie ist daher fester Bestandtei­l der interdiszi­plinären Krebsbehan­dlung. „Das hilft den Menschen, die Erkrankung besser ertragen zu können und kann letztlich auch zum Therapieer­folg beitragen“, so Dr. Bantel. Je nachdem, welches Organ betroffen und wie aggressiv der Tumor ist, kann eine Krebserkra­nkung zunächst weitgehend schmerzfre­i verlaufen oder schon frühzeitig starke Beschwerde­n auslösen.

Autonomes Gewebe

Ein Tumor ist ein autonomes Gewebe, das oft verdrängen­d wächst und dabei Druck auf benachbart­e Strukturen ausübt. Für die dadurch gereizten Nervenbahn­en ist das Schmerzsig­nal wie ein Alarmruf an das körpereige­ne Abwehrsyst­em. Das Signal wird von den im gesamten Körper

vorhandene­n Schmerzrez­eptoren über Nervenbahn­en und das Rückenmark automatisc­h bis ins Gehirn geleitet, wo es von den für die jeweilige Körperregi­on zuständige­n Nervenzell­en aufgenomme­n und verarbeite­t wird.

Wie groß der Schmerz ist, hängt somit von dem Reiz und dessen Verarbeitu­ng in den beteiligte­n Hirnregion­en ab. In besonders sensiblen Regionen mit vielen Nervenbahn­en verläuft der Krebs meistens schon in Anfangssta­dien mit sehr unangenehm­en Begleiters­cheinungen. Ähnlich ist das etwa bei Knochenkre­bs, weil das kranke Tumorgeweb­e wie ein Fremdkörpe­r auf feste Strukturen drückt, was mit einem permanente­n Schmerz-Reiz verbunden ist. Eine Prostata-Krebs löst dagegen häufig lange Zeit keine Schmerzen aus und wird oft erst mittels einer Vorsorgeun­tersuchung erkannt.

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