Israelis zu Recht in Sorge
Michael Wolffsohn, deutsch-israelischer Historiker von der Universität der Bundeswehr München, zur Lage in Israel.
FRAGE: Zsraels Ministerpräsident Netanjahu wirbt in Berlin für ein härteres Vorgehen gegen den Iran. Er hat das Atomabkommen mit dem Münchener Abkommen von 1938 und der damals gescheiterten AppeasementPolitik verglichen. Eine berechtigte Sorge? WOLFFSOHN: Historische Vergleiche hinken meistens, und die meisten kennen Geschichte kaum. Die Sorge der Israelis, nicht nur Netanjahus, auch der TrumpAmerikaner ist leider mehr als berechtigt. Die Begründungen sind offenkundig. Das Abkommen gilt nur bis 2025. Was kommt danach? Das Abkommen wurde 2015 geschlossen. Die Sanktionen gegen den Iran wurden aufgehoben. Milliarden flossen in den Iran. Die Bürger Irans erreichte das Geld nicht, wohl aber das Militär. Seit 2015 ist Teheran im gesamten Nahen Osten expansiver denn je – nämlich in Syrien, im Irak und im Jemen. Der Iran finanziert die Hisbollah und seit 2015 verstärkt die Hamas im Gazastreifen, die Muslimbrüder sowie aufständische Schiiten in Saudi Arabien. FRAGE: Zuletzt hat es im deutsch-israelischen Verhältnis geknirscht. ie sehr sind die Beziehungen belastet? WOLFFSOHN: Fast alle blicken fasziniert auf die persönliche Chemie zwischen Politikern, hier: Merkel und Netanjahu. Deutschland und Israel trennt heute die politische, ich sag’ mal, Philosophie. Deutschland und Europa betreiben Appeasement, Israel sagt dazu „Nie wieder!“, denn dem Appeasement folgten Weltkrieg und Holocaust. FRAGE: ie Sicherheit Israels ist deutsche Staatsraison hatte anzlerin Angela Merkel versichert. Müsste Berlin dann nicht im Ernstfall an der Seite des Partners stehen? WOLFFSOHN: Natürlich. Und dadurch auch die NATO. Deren Generalsekretär hat kürzlich auch deshalb gesagt: Die Allianz werde nicht militärisch eingreifen, wenn Israel angegriffen würde. Daraus folgt: Im Ernstfall käme es zu Marathon-Diskussionen in der NATO. Aber keine Sorge: Israel braucht weder die Hilfe der derzeit vier von 120 einsatzbereiten Eurofightern der Bundeswehr noch Bundeswehr-U-Boote, von denen keines jetzt eingesetzt werden kann. Die Bundeswehr-Drohnen sind „Made in Israel“. Der Ernstfall gilt daher eher der Bundeswehr als dem israelischen Militär.