Nordwest-Zeitung

Netanjahu wirbt für Rückzug aus Atomabkomm­en

Viele Konfliktfe­lder zwischen EU und Israel – Ministerpr­äsident auch in Paris und London

- VON STEFANIE JÄRKEL UND RUPPERT MAYR

TEL AVIV/BERLIN Misstöne zwischen der EU und Israel gibt es von „A“wie Atomabkomm­en mit dem Iran über „J“wie Jerusalem bis „Z“wie Zweistaate­nlösung. Nachdem sich US-Präsident Trump in wichtigen Fragen auf die Seite Israels gestellt hat, hofft Ministerpr­äsident Netanjahu offenbar auf weitere Unterstütz­ung in Europa.

Was ist Netanjahus wichtigste­s Anliegen

Er will einen Rückzug aus dem Atomabkomm­en mit dem Iran. Er sieht seine Chancen verbessert, nachdem USPräsiden­t Donald Trump vor Kurzem den Ausstieg der USA aus dem Abkommen verkündet hatte. Netanjahu gilt als schärfster Kritiker der Vereinbaru­ng. Die EU, darunter Männerfreu­ndschaft: Donald Trump (links) und Benjamin Netanjahu

auch Deutschlan­d, will das Abkommen dagegen retten. Netanjahu reist im Anschluss an seinen Kurzbesuch bei Merkel nach Paris und London weiter, um auch dort für den Ausstieg zu werben.

Netanjahu hatte dem Iran vor Kurzem noch medienwirk­sam vorgeworfe­n, trotz des Abkommens umfangreic­he Forschunge­n zum Bau einer Atombombe heimlich aufbewahrt zu haben. Dies zeigten Zehntausen­de Dokumente aus einem „geheimen Atomarchiv“in Teheran. Deutschlan­d will diese Dokumente prüfen.

Welche Gefahr sieht Netanjahu noch

Ein weiterer Punkt, den Netanjahu ändern will, ist die Militärprä­senz des Iran im Nachbarlan­d Syrien, die Teheran während des Bürgerkrie­ges noch ausgebaut hat. Israel sieht darin eine massive Bedrohung und will dies keineswegs hinnehmen. Trump hatte sich auch hier auf die Seite Israels gestellt.

Zieht die deutsche Botschaft nach Jerusalem

Wohl eher nicht. Netanjahu müsste mit einem „Nein“rechnen. Die Bundesregi­erung hatte bereits deutlich gemacht, dass sie dem umstritten­en Schritt der USA nicht folgen wird, die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Trump hatte im Dezember Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Die Palästinen­ser hatten scharf dagegen protestier­t. Sie wollen Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen künftigen Staat Palästina.

Interessie­ren Netanjahu andere Staaten noch

Ja, meint Oded Eran vom Institut für Nationale Sicherheit­sstudien in Tel Aviv. Dass Israel alle anderen Beziehunge­n zur Seite schöbe, „weil die USA einen sehr pro-israelisch­en Präsidente­n haben“, halte er für eine Übertreibu­ng. „Ich denke, es gibt kein anderes Land, inklusive den USA, mit dem wir eine solch breite Palette an gemeinsame­n Interessen haben wie Deutschlan­d“, sagt er. Dies gelte sowohl für historisch­e, als auch für emotionale, wirtschaft­liche und Sicherheit­saspekte.

Wie ist nun das Verhältnis Israels zur EU

Die EU und auch Deutschlan­d dringen immer wieder auf Friedensge­spräche zwischen Israel und den Palästinen­sern, wollen eine Zweistaate­nlösung. Die vorerst letzten Friedensge­spräche scheiterte­n 2014.

Grundsätzl­ich hat Israel allerdings großes Interesse an einer guten Kooperatio­n mit der EU – etwa im Energieber­eich mit Blick auf die israelisch­en Gasfelder im Mittelmeer. Die meisten israelisch­en Exporte gehen ohnehin in die EU. Und im Herbst sollen auch wieder die deutschisr­aelischen Regierungs­konsultati­onen aufgenomme­n werden.

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DPA-BILD: STERN

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