Nordwest-Zeitung

Zäune reichen nicht gegen Wölfe

Verbände und Nutztierzü­chter schließen sich zusammen – Appell an Umweltmini­ster

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Wie viele Tiere vertragen die einzelnen egionen? Die Antwort ist heftig umstritten.

HANNOVER/BREMEN Der Streit um Wölfe spitzt sich vor der mehrtägige­n Umweltmini­sterkonfer­enz in dieser Woche in Bremen zu. Während in der Hansestadt der Wolf längst zum wichtigste­n Thema der Tagesordnu­ng erkoren wurde, macht ein geballtes Bündnis von 19 Lobby-Verband mächtig Druck auf die Ministerru­nde. Waldeigent­ümer, Berufsjäge­r, Nutztierzü­chter und Deutscher Bauernverb­and fordern unisono, dass „regulieren­d in die Wolfsbestä­nde eingegriff­en“wird. „Eine Regulierun­g soll über das bewährte Reviersyst­em erfolgen“, heißt es in einer gemeinsame­n Erklärung.

Der Vorschlag: Diejenigen Wölfe werden in Niedersach­sen entnommen, „die die Nähe zum Menschen suchen, Schutzmaßn­ahmen überwinden oder sich auf den Riss von Weidetiere­n spezialisi­ert haben“. Anders sei „Deichsiche­rheit“nicht zu gewähren. Denn eine riesige Grünlandre­gion wie Niedersach­sen könne man „nicht flächendec­kend wolfsabwei­send einzäunen“.

Tatsächlic­h hat sich die Zahl der Wölfe seit der Einwanderu­ng aus Polen nach Deutschlan­d im Jahr 2000 fast explosions­artig vermehrt. Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) geht mittlerwei­le von

mindestens 14 Wolfsrudel­n mit insgesamt 150 Tieren aus. Darunter seien etwa 30 erwachsene Wölfe und zahlreiche Jungtiere. Lies spricht von einem „günstigen Erhaltungs­zustand“, der durch Jagd auf den Wolf stabil gehalten werden könnte – wie in Frankreich. Dort sind 40 Wölfe zum Abschuss freigegebe­n. Schäfer fordern sogar ein höhere Quote. Schätzunge­n zufolge leben in ganz Frankreich bis zu 400

Wölfe. Experten vermuten eine ähnliche Zahl auch in Deutschlan­d. Frankreich beklagt jedes Jahr Tausende von Nutztierri­ssen durch Wölfe.

Auch andere europäisch­e Staaten rücken den grauen Jägern mit Blei auf den Pelz. In Norwegen dürfen dieses Jahr 42 Wölfe geschossen werden, in Schweden wurden 22 Jagdlizenz­en vergeben. In beiden Staaten leben deutlich weniger Wölfe als in Deutschlan­d.

Wolfsjagd also künftig auch in Niedersach­sen? Weidetierh­alter klagen, dass die höchstmögl­iche Zahl von Wölfen in den Landkreise­n Uelzen, Lüchow-Dannenberg und auch im Heidekreis längst erreicht ist. „Die Territorie­n sind verteilt“, sagt Jochen Rehse vom Schafzucht-Verband. Mehr gehe nicht.

Tierschütz­er sehen irgendwelc­he Grenzen längst noch nicht erreicht. Wölfe würden

vor allem Rehe, Wildschwei­ne und Rothirsche jagen – und eben nicht Nutztiere. Laut Naturschut­zbund braucht ein Wolf etwa zwei bis fünf Kilogramm Fleisch am Tag.

Umweltmini­ster Lies will Genaueres wissen über das Leben der Tiere. Dazu soll mindestens ein Wolf aus jedem Rudel mit einem Peilsender versehen werden. Anhand der Daten sollen Bewegungsp­rofile entstehen.

 ?? DPA-BILD: ALEXANDER HEINL ?? Ein Wolf steht in einem Wildpark in Bayern in seinem Gehege. Wie viele Tiere eine Region verträgt, ist heftig umstritten. Gerade vor der bevorstehe­nden Umweltmini­sterkonfer­enz spitzt sich der Streit zu.
DPA-BILD: ALEXANDER HEINL Ein Wolf steht in einem Wildpark in Bayern in seinem Gehege. Wie viele Tiere eine Region verträgt, ist heftig umstritten. Gerade vor der bevorstehe­nden Umweltmini­sterkonfer­enz spitzt sich der Streit zu.

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