Nordwest-Zeitung

Seltfußbal­l wandelt auf schmalem Grat

Diskussion über Mammut-WM mit 48 Teams schon 2022 und weltweite Nations League

- VPN JAN MIES

Der erminkalen­der des Fußball-Zirkus wird immer weiter aufgebläht. Was stellen sich Fifa und Uefa in Zukunft vor?

RA K URT Für die FußballPur­isten könnte es noch früher noch schlimmer kommen. Einen Tag vor dem Anpfiff der WM in Russland (14. Juni bis 15. Juli) berät der Kongress des Weltverban­des Fifa den Vorschlag, schon zum Turnier 2022 in Katar 48 statt 32 Mannschaft­en antreten zu lassen. Die „Mega-WM“, ein Sinnbild für die kaum mehr aufzuhalte­nde Kommerzial­isierung des Sports, sollte eigentlich erst vier Jahre später kommen.

Offiziell kommt der Antrag aus Südamerika, und formal geht es nur um eine Machbarkei­tsstudie, die in den kommenden Monaten durchgefüh­rt werden würde. Am Persischen Golf laufen die Vorbereitu­ngen auf eine 32er-WM aber bereits seit Jahren auf Hochtouren. Die Aufstockun­g würde Katar vor eine Mammutaufg­abe stellen, die vielleicht nur im Verbund mit den Nachbarlän­dern zu stemmen wäre – mit denen befindet sich der WM-Gastgeber aber inmitten einer politische­n Krise.

Hinter der Idee steckt angeblich Fifa-Präsident Gianni Infantino, der schon die „Mega-WM“2026 auf den Weg gebracht hatte. Die Entscheidu­ng traf im Januar 2017 das Fifa-Council, damals

noch ohne einen Vertreter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Die Rechnung des Weltverban­des ist einfach: Mehr Teams bedeuten mehr Einnahmen durch höhere Vermarktun­gschancen.

An einem qualitativ­en Mehrwert zweifeln viele Kritiker. Schon die Aufstockun­g

der Europameis­terschaft auf 24 Mannschaft­en führte bei der Erstausgab­e 2016 in Frankreich zu vielen spielerisc­h wenig berauschen­den Partien. Eine Übersättig­ung war kaum von der Hand zu weisen.

Die Befürworte­r halten die erhöhten Chancen für mehr

Nationen dagegen. Bei 48 Startern können auch Länder den WM-Traum leben, die bislang häufig oder immer in der Qualifikat­ion gescheiter­t waren. Unterstütz­er der 48erIdee kommen eher nicht aus Europa.

Die nächste Frage, die bei den kommenden Vergaben beantworte­t werden muss, ist, wo das Mega-Event überhaupt noch stattfinde­n kann. In Europa könnten Deutschlan­d, Frankreich und England wohl ohne Probleme auch 48 Mannschaft­en beherberge­n, Spanien und Italien haben dagegen mit maroden Stadien zu kämpfen.

Für 2026 bewerben sich die USA, Kanada und Mexiko in einer gemeinsame­n Kampagne sowie Marokko. Die Nordafrika­ner wurden am vergangene­n Wochenende von der Fifa allerdings mit einer schlechten Bewertung abgestraft – der Glaube, dass in Marokko eine perfekt organisier­te WM stattfinde­n könnte, schwindet.

Dass es in den kommenden Jahren nicht besser wird, beweisen die Pläne für immer neue Wettbewerb­e. Im September startet die Nations League der Europäisch­en Fußball-Union (Uefa), die zwar quasi nur die Test-Länderspie­le ersetzt und deshalb nicht zu einer höheren Belastung der Spieler führt – aber eben auch einen neuen Pokal zu bieten hat, dessen sportliche­r Wert den des Confed Cups kaum übersteige­n dürfte.

Infantinos Pläne gehen indes noch weiter. Der Schweizer will die Nations League auf die ganze Welt ausweiten. Zudem soll die Club-WM aufgestock­t werden, wohl mindestens auf 24 Mannschaft­en. Das Vereinstur­nier würde dann nur noch alle vier Jahre stattfinde­n. Nicht im gleichen Sommer wie die WM natürlich, um Konkurrenz aus dem eigenen Haus zu vermeiden.

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DPA-BILD: CHARISIUS Will die Zahl der WM-Teilnehmer erhöhen: Fifa-Präsident Gianni Infantino plant die „MegaWM“2026. Jetzt wird diskutiert, ob 2022 in Katar schon 48 Teams starten.

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