Bilderbuchstart ins All
Astronaut Alexander Gerst auf dem Weg zur ISS
Der Flug zur ISS wird etwa zwei Tage dauern. Die Sojus-Kapsel soll am Freitag an der Raumstation andocken.
BAIKONUR Der deutsche Astronaut Alexander Gerst ist vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan zu seiner zweiten Mission auf der Raumstation ISS gestartet. Nach einem „Bilderbuchstart“sei die Crew sicher im Orbit angekommen, hieß es am Mittwoch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Nächster Halt #ISS in zwei Tagen wenn alles
glatt geht. Passt auf euch auf meine Freunde!“, twitterte „Astro-Alex“als letzte Botschaft vor dem Start.
Danach stieg er gemeinsam mit dem russischen Kampfpiloten Sergej Prokopjew und der US-Ärztin Serena Auñón-Chancellor in die Rakete, die planmäßig 13.12 Uhr (MESZ) abhob. „Wenn man drin ist, merkt man kaum, dass man gestartet ist“, erklärte die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti bei einer Live-Übertragung im Berliner Zeiss-Großplanetarium. „Man hört über Funk, dass man gestartet ist.“
Für Prokopjew und AuñónChancellor ist es der erste Flug zur ISS, Gerst war vor vier Jahren bereits 166 Tage im All. Er wirkte am Morgen vor dem
Start sichtlich glücklich und winkte entspannt in die Menge. „Wir freuen uns sehr, ihn nun zum zweiten Mal ins All fliegen zu sehen und wünschen ihm das Allerbeste“, teilte seine Familie mit. „Alexander war schon immer ein Forscher und Entdecker.“
Gersts Heimatort Künzelsau in Baden-Württemberg feierte den Flug ihres Ehrenbürgers mit einem Stadtfest. Rund 5000 Menschen verfolgten dort, wie die Rakete mit brüllenden Triebwerken abhob. Jubel brandete auf, Zuschauer riefen „Gute Reise“und „Komm gesund wieder“. In Berlin fieberten Hunderte Kinder bei der zentralen Veranstaltung der europäischen Raumfahrtagentur Esa im Zeiss-Großplanetarium beim Start mit.
Gerst, promovierter Geophysiker, soll während der zweiten Hälfte seiner 188-tägigen Mission „Horizons“Kommandant der Raumstation sein – als erster Deutscher überhaupt. Normalerweise ist der Posten den Hauptgeldgebern USA und Russland vorbehalten.
Der Flug zur ISS rund 400 Kilometer über der Erde wird etwa zwei Tage dauern. Nach 34 Erdumrundungen soll die Sojus-Kapsel am Freitag an der Raumstation andocken, wo zwei weitere US-Astronauten und ein Russe auf die Neuankömmlinge warten.
Freunde, Verwandte und Ex-Raumfahrer be*+eiten ihn beim Start zur ISS. Einem *eht der Abschied überraschend nahe.
LAIKONUR Eum Abschied bleibt von Alexander Gerst ein Feuerschweif als Gruß am Firmament. Rasch verdichtet er sich zu einem kleiner werdenden Punkt zwischen den Wölkchen am Himmel über der kasachischen Steppe. Das Dröhnen der Triebwerke hängt noch einen Moment in den Ohren. Dort, wo eben noch die Sojus-Rakete aufragte, klafft eine Lücke.
In Erinnerung bleibt das Bild einer Rakete, die zunächst wie in Zeitlupe unter einem Meer aus Flammen schwebt, fast in der Luft steht, bevor sie mit der gewaltigen Kraft von mehr als 20 Millionen PS in die Höhe schießt.
Nach zweieinhalb Jahren anstrengenden Trainings ist Deutschlands beliebter Astronaut Gerst zur Internationalen Raumstation (ISS) gestartet. Mit der Sojus-Rakete hob „Astro-Alex“am Mittwochmittag vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan ab. Schon nach neun Minuten ist das Raumschiff im Erdorbit angekommen – fast 28000 Kilometer pro Stunden schnell.
Bis Freitag ist Gerst mit dem Russen Sergej Prokopjew und der US-Amerikanerin Serena Auñón-Chancellor im engen Raumschiff „Sojus MS09“unterwegs. 34 Mal wird die Crew die Erde umrunden, bis sie am Raumlabor andockt. Ein gutes halbes Jahr soll Gerst auf dem Außenposten der Menschheit rund 400 Kilometer über der Erde leben, experimentieren und – als erster Deutscher überhaupt – im Herbst auch das Kommando übernehmen.
Vor vier Jahren war Gerst schon mal auf der ISS. Wenn er vor seinem zweiten Start aufgeregt war, dann ließ er es sich nicht anmerken. Alle, die ihn noch getroffen haben, bestätigten in Baikonur, er sei die Ruhe in Person.
Gersts zweite Reise zu den Sternen beginnt an der historischen Startrampe 1, von der aus Juri Gagarin 1961 als erster Mensch den Kosmos erkundete. Die Sonne brennt an diesem Junitag, trotz Wolken istesdrückendheiß.
Wer Glück hat, sieht auf dem Weg zum Startkomplex ein Kamel am Straßenrand dösen – so auch Gerst: „Beobachten desinteressierte Kamele am Wegesrand“, twittert er am Morgen wenige Stunden vor dem Start. Und: „Stimmung in der Crew ist super“. Beim Verlassen des Hotels „Kosmonaut“strahlt der 42-Jährige aus Künzelsau. Er winkt in seinem blauen Overall in die Menge. Sehr glücklich wirkt er, nun, da es endlich wirklich losgeht.
Wenige Stunden später hat er den Overall gegen den Raumanzug getauscht. Nur kurz verharren er und seine beiden Kollegen in der prallen Sonne und winken in die Menschenmenge. Aus dem Bus heraus formt Gerst ein Herz mit seinen Händen – vielleicht für seine angereiste Freundin, vielleicht für seine Eltern. Wer weiß?
Aus gut zwei Kilometern Entfernung blicken die Familien der Raumfahrer, die Branchenprominenz und die Weltpresse auf die prestigeträchtige Rampe. Bei Jan Wörner, Chef der europäischen Raumfahrtagentur Esa, brechen sich vor dem Start die Emotionen Bahn. „Alex, du könntest mein Sohn sein“, habe er Gerst mitgegeben. „Das war dann die Situation, in der ich zu ihm sagte: „Junge, pass auf dich auf“, sagt Wörner.
Gersts engste Freunde und Verwandte haben die weite Reise angetreten, um ihren „Forscher und Entdecker“zu begleiten. „Wir freuen uns sehr, ihn nun zum zweiten Mal ins All fliegen zu sehen, und wünschen ihm das Allerbeste“, teilt die Familie über die Esa mit.
Ein besonderer Gast beim Start ist Deutschlands Weltraumpionier Sigmund Jähn. Gerst hat den 81-jährigen „guten Freund“selbst eingeladen. „Er ist aus meiner Sicht einer der fähigsten Leute, die wir hatten“, sagt Jähn über „Astro-Alex“. Im August 1978 flog der DDR-Bürger mit einer Sojus zur Raumstation Saljut-6 – und wurde so zum ersten Deutschen im All. Gerst ist der elfte Deutsche, der zu den Sternen aufbricht, eine Frau gehörte bislang nicht dazu.
In den 40 Jahren seit Jähns Mission hat sich viel geändert in der Branche. Die Technik ist automatisierter, digitaler, ausgereifter. Der Veteran Jähn sagt auch: „Die Leute werden immer klüger. Der Alexander Gerst ist ja ein treffendes Beispiel. Ein äußerst fähiger junger Mann, ein gestandener Wissenschaftler.“
Als Wissenschaftler erwartet den promovierten Geophysiker Gerst auf der ISS ein strammes Programm. Für 300 Experimente soll das halbe Jahr im All reichen. Der Zeitplan ist eng getaktet. „Wenn Alex Commander ist, hat er weniger Zeit, weil er noch andere Aufgaben wahrnehmen muss“, sagt Volker
Schmid vom DLR.