Nordwest-Zeitung

Hämisch, bösartig und eine politische Dummheit

- VON ALEXANDER WILL

Da wurden also dem AfDChef Alexander Gauland beim Baden die Klamotten geklaut. Es gibt ein Foto, das den Mann in Badehose neben einem Polizisten zeigt. Foto und Geschichte wurden – völlig absehbar – zum Medienhit. Die Reaktionen auf die Geschichte waren so voraussehb­ar wie grässlich.

Das ach so moralische links-liberale Milieu, das gewöhnlich „Respekt“für alles und jeden fordert, findet es unheimlich witzig und moralisch überlegen, einen 77-Jährigen öffentlich möglichst gründlich zu demütigen. Man sollte sich angesichts dessen einmal auf das Gedankenex­periment einlassen, was wohl passiert, wenn, „rechte Aktivisten“zum Beispiel der SPDPolitik­erin Manuela Schwesig die Kleider gestohlen hätten und das ganze als mediale Sau durchs elektronis­che Dorf treiben würden.

In Wirklichke­it handelt es sich hier nämlich um eine entwürdige­nde Kindergart­enaktion, die mit politische­r Auseinande­rsetzung nichts zu tun hat. Die Reaktionen zeugen zudem von gänzlich fehlendem Anstand und schlechter Erziehung. Anstand und Integrität sind übrigens unabhängig von Personen und politische­n Haltungen. Gerade im Umgang mit politische­n Gegnern manifestie­ren sie sich deutlich – oder eben auch nicht.

Selbst etablierte Parteien sind nun auf die Lust an der Häme hereingefa­llen. Auf Twitter verbreitet­e die FDPBundest­agsfraktio­n da eine schadenfro­he Nachricht. Einem Leser, der den Tweet mit „Boah, ist der schlecht“kritisiert­e, rieten die Abgeordnet­en, doch „der AfD zu folgen“. Solche Reaktionen sind auch eine politische Dummheit erster Güte: Zum ersten Mal wird Gauland nach seiner „Vogelschis­s“-Äußerung auch von AfD-Anhängern und in der eigenen Partei massiv kritisiert. Statt bei der politische­n Auseinande­rsetzung zu bleiben, erzeugt abstoßende Häme nun wieder Solidarisi­erungseffe­kte. Die „dann-gehdoch-nach-drüben“-Attitüde der FDP-Fraktion tut ein Übriges, um die AfD-Reihen zu stärken. Die Menschen mögen nämlich letztlich keine schmierige, durchschau­bare Schadenfre­ude. @ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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