Nordwest-Zeitung

Förderung gefordert

Gtadt befürchtet Radikalisi­erung von Schülern – Kritik an langen Wartezeite­n

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Im nächsten Schuljahr wird es an Oldenburge­r Grundschul­en keine Sprachlern­klassen mehr geben. Dabei fehlen schon jetzt Plätze. Die Stadtverwa­ltung schlägt Alarm – und warnt vor Radikalisi­erung

Im kommenden Schul7 jahr wird es an Grund7 schulen keine Sprach7 lernklasse­n mehr geben – dabei gibt es jetzt schon zu wenige.

OLsENBU2G Zu wenig Sprachlern­klassen, zu lange Wartezeite­n: Die Stadt Oldenburg schlägt Alarm – und warnt sogar vor Radikalisi­erung. „Für einen erfolgreic­hen Schulbesuc­h (...) bedarf es weiterer Sprachlern­klassen“, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage, die am Dienstag im Integratio­nsausschus­s behandelt wurde.

„Sind die Schulpflic­htigen gezwungen, von Beginn an eine Regelklass­e zu besuchen“, schreibt die Stadtverwa­ltung weiter, „ist zu befürchten, dass einige Schülerinn­en und Schüler dem Unterricht nicht folgen können, sich nicht zurecht finden und die Schule als Analphabet­en verlassen und sich schlimmste­nfalls in Subkulture­n zurückzieh­en oder sich radikalisi­eren.“Die Erfahrung zeige, dass sich einige bereits von der Schule abgewandt hätten.

Am Stichtag 15. September 2017 besuchten in den Oldenburge­r Grundschul­en 28 Kinder eine Sprachlern­klasse, teilte die Stadt auf Anfrage mit. Alle anderen Kinder mit Fluchthint­ergrund – insgesamt 295 – bekommen nur nebenbei Sprachförd­erung. 338 Kinder, deren Mutterspra­che nicht Deutsch ist, besuchten zum Stichtag zudem eine Sekundarsc­hule I. Für sie gibt es neun Sprachlern­klassen, die meisten werden aber integrativ beschult.

Derzeit besuchen alle schulpflic­htigen Kinder der Stadt zufolge eine Schule. Doch die Wartezeite­n sind teils erheblich. Das liegt laut Verwaltung vor allem an überfüllte­n Sprachlern- und Regelklass­en. Die Folge: 14 Schulpflic­htige aus dem SEK-II-Bereich und neun aus dem SEK-I-Bereich mussten in den ersten Monaten dieses Jahres auf einen Platz in einer Sprachlern­klasse warten. Die Durchschni­ttswarteze­it betrug dabei drei Monate, ein Schüler musste sechs Monate warten.

Schulpflic­htige aus dem SEK-I-Bereich konnten sogar nur durch die Interventi­on der Landesschu­lbehörde vermittelt werden. Für 14 Schulpflic­htige aus dem SEK-II-Bereich waren an Berufsbild­enden Schulen keine Plätze frei.

„Die Antworten der Stadt-

verwaltung zeigen, dass es sich nicht um Einzelfäll­e handelt, sondern um ein systemisch­es Problem“, sagt Uwe Erbel, Geschäftsf­ührer des Vereins Ibis. Er hatte als beratendes Mitglied im Integratio­nsausschus­s die Anfrage gestellt und berichtet von teils chaotische­n Zuständen. „Schulen weigern sich, Schüler aufzunehme­n, weil ihre Kapazitäte­n erschöpft sind und sie um die Qualität des Unterricht­s fürchten“, sagt er. Sprachlehr­er würden teilweise nur mit kurzen Befristung­en eingestell­t.

„Es gibt eindeutig zu wenige Sprachlern­klassen“, kritisiert Erbel. Und die, die es gibt, seien zu groß. „Mir ist ein Fall bekannt geworden, dass 25 Schüler in einer Sprachlern­klasse unterricht­et werden“, sagt Erbel. Eine vernünftig­e Größe seien zehn bis 16 Schüler – Analphabet­en müssten dabei doppelt zählen.

Die Landesschu­lbehörde sieht indes kein Problem. Ihr zufolge werden in Oldenburg ausreichen­d Sprachförd­erstunden gegeben. Die Bedarfsdec­kung liege über 100 Prozent. Neue Sprachlern­klassen richtet die Landesschu­lbehörde zumindest an den Grundschul­en nicht mehr ein. Damit wird es im nächsten Schuljahr dort keine Sprachlern­klassen mehr geben. Uwe Erbel nennt das „eine Katastroph­e für die nachziehen­den Angehörige­n“. Wie die beschult werden sollen, lasse die Stadt offen.

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