Nordwest-Zeitung

Gülle-Probleme im Nordwesten nehmen zu

Zu viel Wirtschaft­sdünger im nordwestli­chen Niedersach­sen – Es fehlt an Fläche

- VON KLAUS-PETER JORDAN

Die Landwirtsc­haftskam7 mer nennt Maßnahmen. Umweltverb­ände wollen weniger Tiere.

OLDENBURG/HANNOVER Zum 5. Mal hat die Landwirtsc­haftskamme­r Niedersach­sen Ende März einen Nährstoffb­ericht vorgelegt. Von der breiten Öffentlich­keit fast unbemerkt, offenbart der Bericht, dass die Probleme mit Gülle, Gärresten und Hühnertroc­kenkot eher größer als kleiner werden. Und das, obwohl die Probleme seit vielen Jahren bekannt sind.

Was für die meisten nur stinkt, ist für die Landwirte wertvoller Wirtschaft­sdünger für ihre Felder. Vor allem Stickstoff und Phosphor ist in den Ausscheidu­ngsprodukt­en von Schwein, Kuh und Huhn sowie der Biogasanla­gen enthalten – deswegen Nährstoffb­ericht.

Tendenz noch steigend

Doch die Tiere und Energieerz­eugungsanl­agen in Niedersach­sen produziere­n viel mehr Wirtschaft­sdünger als die Flächen und Pflanzen bei bedarfsger­echter Düngung aufnehmen können und dürfen: genau 59,31 Millionen Tonnen im Wirtschaft­sjahr 2016L17 – Tendenz steigend, zuletzt nochmals um 0,66 Millionen Tonnen, seit 2012L13 um fast drei Millionen Tonandere nen. Und das vor allem in sieben Landkreise­n im westlichen und nordwestli­chen Niedersach­sen.

In diesen sieben Kreisen – von Osnabrück im Süden bis Cuxhaven im Norden – überschrei­ten die Nährstoffe Stickstoff und demnächst auch Phosphat die gesetzten Obergrenze­n. Dies wirkt sich auch auf unser Wasser aus. Niedersach­sens Landwirtsc­haftsminis­terin Barbara Otte-Kinast (CDU) spricht von „Risikogebi­eten“. Rund 40 Prozent der niedersäch­sischen Grundwasse­rmessstell­en überschrei­ten den Grenzwert für Nitrat. Bei den Oberfläche­ngewässern erreichen nur zwei Prozent die Ziele der europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie.

Wollte man die gesamte Nährstofff­racht aus Gülle und Gärresten unterbring­en, bräuchte man erheblich mehr landwirtsc­haftliche Nutzfläche in Niedersach­sen. Für Phosphat nennt das Landwirtsc­haftsminis­terium als Hochrechnu­ng für 2022 rund 114 000 Hektar. Das sind etwa 100 000 Fußballfel­der. Oder man könnte mit diesem Überschuss eine Fläche düngend „beglücken“, die etwa viermal so groß ist wie das Bundesland Bremen.

Die Landwirte versuchen es mit Gülleexpor­t. Rund drei Millionen Tonnen Wirtschaft­sdünger sind so 2016L17 aus der Weser-Ems-Region in Landesteil­e und Bundesländ­er gekarrt worden – macht 115 000 Lkw-Ladungen. Viel mehr wäre nötig. Die Landwirtsc­haftskamme­r hält dies in einem kaum bekannten Positionsp­apier für „technisch und logistisch real nicht vorstellba­r“.

Die Kammer nennt in ihrem Papier andere Maßnahmen: die Landwirte in den Ackerbaure­gionen im östlichen Niedersach­sen sollten zur Düngung mehr Gülle und Gärreste statt Mineraldün­ger einsetzen. Beratung, Unterstütz­ung und Anreize hierfür sollten finanziell gefördert werden. Bei der Tierfütter­ung sollten „stark Stickstoff- und Phosphor-reduzierte Futtermitt­el“eingesetzt werden. Überall im Land sollte zusätzlich­er Lagerraum für Wirtschaft­sdünger geschaffen werden.

Zu viele Tiere

Im Landwirtsc­haftsminis­terium sieht Otto-Kinast zwar „Handlungsb­edarf“. Mehr als der Verweis auf teilweise bereits seit Jahren laufende Initiative­n und ein besseres Datenmanag­ement kam aber bisher dabei nicht heraus.

Drei Umweltverb­ände – Greenpeace, NABU und BUND – haben da klarere Vorstellun­gen und fordern: „Der Umfang der Tierhaltun­g muss wieder an die vor Ort zur Verfügung stehende landwirtsc­haftliche Fläche angepasst werden.“

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BILD: BIG DUTCHMAN Im nordwestli­chen Niedersach­sen produziere­n zu viele Tiere zu viel Gülle. Die Fläche für diesen Wirtschaft­sdünger reicht nicht aus.

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