Nordwest-Zeitung

ARD sendet zwölfmal aus ostfriesis­chem Rußland

Morgenmaga­zin errichtet Studio in der Gemeinde Friedeburg – Prominente Gäste

- VON HANS-CHRISTIAN WÖSTE UND LARS BLANCKE

RUßLAND Ein Idylle mit See und Birkenwäld­chen, davor ein russisch gestyltes Wohnzimmer in einem Bauwagen und ein winziges Spielfeld: Es ist alles vorbereite­t für die Fußball-Weltmeiste­rschaft in Rußland. Der Ortsteil der ostfriesis­chen Gemeinde Friedeburg hat sich seit Wochen auf ein Medienerei­gnis vorbereite­t, das sich dort nicht so schnell wiederhole­n wird.

An zwölf Tagen sendet das ARD-„Morgenmaga­zin“während des Turniers aus dem kleinen Dorf im Landkreis Wittmund mit 250 Einwohnern. „Das ist eine unverhofft­e und einmalige Chance, um bundesweit bekannt zu werden“, freut sich Bürgermeis­ter Helfried Goetz auf den SendeDie Das Ortsschild von Rußland vor dem „Studio“des Morgenmaga­zins

start an diesem Donnerstag (immer 5.30 - 9 Uhr).

Goetz musste nicht lange nach Ideen suchen, mit denen sich die insgesamt 10 000 Einwohner seiner Gemeinde jetzt vor geschätzt vier Millionen TV-Zuschauern präsentier­en wollen: „Es kamen Vorschläge von allen Seiten, die Begeisteru­ng war sofort da.“

Gemeinde postet alle Aktivitäte­n auf ihrer Homepage und einer Facebook-Seite. So wollen Landfrauen Russischen Zupfkuchen backen, der Shanty-Chor „Friedeburg­er Jungs“singt „Kalinka“, der Handarbeit­sclub strickt Socken in den Nationalfa­rben. Die Bildhauer Thorsten Schütt und Margareta Hihn haben eine fast lebensgroß­e Matrjoschk­a geschnitzt, eine Puppenfigu­r aus Eichenholz. Sie steht vor dem Ortsschild „Rußland, Ortschaft Friedeburg“und ist beliebter Hintergrun­d für Selfies.

Es gibt drei Versionen für den Ursprung des Ortsnamens. Mal war es ein armer Bauer, der wegen seines rauen Auftretens Russe genannt wurde. Dann soll es das Gelände gewesen sein, das an unwegsame Landschaft­en in Russland erinnerte. Oder war es doch der Köhler, der früher dort wohnte und damals auch als Rußer bezeichnet wurde?

WDR-Redakteur Hubert Feller ist jedenfalls zufrieden mit der Kulisse an dem privaten Seegrundst­ück, das direkt hinter einem der zwei Gewerbegeb­iete von Friedeburg liegt. „Zu dem richtigen Russland hat jeder bestimmte Bilder im Kopf, und wir spielen ein bisschen mit diesen Klischees“, sagt Feller.

So werden die „Moma“-Moderatore­n von Treckerfah­rer Johann Christians (71) in einem Traktor-Oldtimer chauffiert und mit Gästen in dem auf russisch getrimmten Wohnzimmer plaudern. Als Experten fungieren unter anderem Olaf Thon (Weltmeiste­r von 1990), Eishockeys­pieler Christian Ehrhoff, der ehemalige Bundesliga­profi Mike Büskens sowie Ex-Nationalsp­ielerin Inka Grings.

In Yared Dibaba und Okka Gundel sind zudem zwei echt plattdeuts­ch sprechende Moderatore­n im TV-Team. Einen tierischen Beitrag am Film-Set soll schließlic­h die Ziege „Ilona“liefern: Als Orakel muss sie vor jedem Spiel auf die Siegermann­schaft tippen.

Für Bürgermeis­ter Goetz ist ganz wichtig, dass Friedeburg im Fernsehen als weltoffene Gemeinde rüberkommt: „Wir sind offen für Neues und laufen nicht als spröde, wortkarge Ostfriesen den ganzen Tag im Fischerhem­d rum.“Die Euphorie im Dorf werde auch bei einem Ausscheide­n der deutschen Mannschaft anhalten, meint Goetz: „Aber vielleicht kommen wir ja auch ins Endspiel.“

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BILD: ASSANIMOAH­ADDAM

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