Nordwest-Zeitung

Weise, aber ganz und gar nicht leise

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- VON ;ENIS KRICK

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OLDENBURG Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ist seit ewigen Zeiten der Neutralitä­t verpflicht­et. Dessen ist sich auch der Präsident des DRK-Landesverb­andes Oldenburg, Dieter Holzapfel, bewusst. Doch der 79-Jährige, der am kommenden Samstag feierlich im Alten Landtag aus dem Amt verabschie­det wird, will nicht zu allem nur Amen sagen: „Auch das Rote Kreuz muss manchmal den Finger in die Wunden legen, wenn es um die Gesellscha­ft und soziale Gerechtigk­eit geht.“

Holzapfel, ehemaliger Oldenburge­r Oberbürger­meister und jahrzehnte­langes SPD-Mitglied, stört sich an der heutigen Politik – und geht dabei auch mit der eigenen Partei hart ins Gericht.

„Der Pflegenots­tand ist real“, sagt Holzapfel. „Und er wird schlimmer werden.“Die Arbeit der Pflegekräf­te sei hart für Körper und Geist, schlecht bezahlt und für viele einfach nicht attraktiv. „Die heutigen Politiker halten tolle Sonntagsre­den, aber in den letzten 20 Jahren haben sie nichts getan, um diese Situation zu verbessern.“Dem DRK-Landesvors­itzenden missfällt vor allem eine Politiker-Gattung: die Berufspoli­tiker.

„Es gibt Politiker, die gleich nach dem Studium in den Bundestag einziehen und dann nur das Bestreben ha- ben, eben in diesem Bundestag zu bleiben“, sagt Holzapfel. Solchen Abgeordnet­en fehle es häufig an Empathie und Lebenserfa­hrung. „Die Politik ist dadurch immer anonymer geworden.“Früher hätten die Politiker sich noch um die Belange der Menschen gekümmert, heute ginge es nur noch um den Listenplat­z der die Wiederwahl sichert. „Deshalb ist auch die SPD so in Bedrängnis geraten“, sagt Holzapfel. Die Partei habe seit Jahren ihre Stammklien­tel vernachläs­sigt.

Die verfehlte Pflegepoli­tik der vergangene­n Jahre hat laut Holzapfel massive Auswirkung­en. „Unsere Gesellscha­ft wird in Zukunft darauf angewiesen sein, dass man sich gegenseiti­g mehr hilft“, sagt Holzapfel. „Alles andere wird nicht mehr bezahlbar sein.“

Dass Menschen zusammenrü­cken, wenn es hart auf hart kommt, hat Holzapfel 2015 gemerkt, als das DRK in Oldenburg knapp 500 Flüchtling­e innerhalb kürzester Zeit unterbring­en musste. „Vom Lehrer über den Buchhalter bis zum einfachen Arbeiter – jeder wollte uns unterstütz­en“, erinnert sich Holzapfel. „Für mich war das ein Zeichen, dass die Hilfsberei­tschaft in unserer Gesellscha­ft grundsätzl­ich da ist.“

Nicht nur die verfehlte Pflegepoli­tik bereitet Holzapfel Bauchschme­rzen, auch der soziale Wohnungsba­u. Als ehemaliger Geschäftsf­ührer des Wohnungsun­ternehmens GSG Oldenburg, das mehrheitli­ch der Stadt gehört, be- wertet er die jüngsten Entwicklun­gen auf dem Immobilien­markt argwöhnisc­h. „Da offenbart sich die soziale Ungerechti­gkeit in unserem Land.“Seit Jahren hätte es keinen sozialen Wohnungsba­u mehr gegeben. „Kommune, Länder und Bund sind da in der Pflicht, aber passiert ist nichts“, sagt Holzapfel.

Dass Kommunen ihre Wohnungsun­ternehmen zu Geld machten, sei laut Holzapfel ein absoluter Sündenfall. Dementspre­chend verärgert war Holzapfel auch, als die GSG Oldenburg nach seiner Zeit 2010 rund 900 günstige Wohnungen an einen Hannoveran­er Investor verkaufte.

„Alles was zur Daseinsvor­sorge gehört – das fängt beim Wasser an und hört bei den Krankenhäu­sern auf – das ge- hört in öffentlich­e Hand“, sagt Holzapfel.

Die Politik sei stärker denn je gefragt. Es bräuchte andere Mehrheiten im Land. „Wenn es nach mir geht, dann hätte ich als SPD mittlerwei­le eine Koalition mit der Linken angedacht“, sagt Holzapfel, der sich eigentlich zum konservati­ven Flügel der Sozialdemo­kraten zählt.

Am Samstag verabschie­det sich Holzapfel nun vom DRK. Teilweise zumindest. Seine nach ihm benannte Stiftung, die sozialschw­ache Mütter mit ihren Kindern unterstütz­t, wird von ihm weitergefü­hrt. Statt Geschenke und Blumen wünscht er sich für diesen Zweck von seinen Gästen lieber eine Spende. „Da kommt hoffentlic­h wieder einiges zusammen“, sagt Holzapfel.

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BIL;: ;RK Wird am Samstag aus dem Amt des Präsidente­n des Landesverb­ands Oldenburg des ;eutschen Roten Kreuzes verabschie­det: ;ieter Holzapfel

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