Lebensversicherung – Wer erhält wie viel?
Bundesgerichtshof will Ende Juni über Einschnitte bei Assekuranzen entscheiden
Die Zinsflaute macht Lebensversicherern zu schaffen, das bekommen auch die Kunden zu spüren. Verbraucherschützer sprechen von „Enteignung“– und klagen.
KARLSRUHE Viele Jahre eingezahlt, jetzt wird die Lebensversicherung fällig – und dann die Enttäuschung: Die Summe fällt seit einiger Zeit oft kleiner aus als von den ausscheidenden Kunden erhofft. Der Bund der Versicherten (BdV) hat deshalb geklagt. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zeichnet sich nach der Verhandlung vom Mittwoch ein Teilerfolg ab (Az. IV ZR 201/17).
Um die Frage, wie viel Geld den Versicherten am LaufzeitEnde aus den sogenannten Bewertungsreserven zusteht. Versicherer legen die Kundengelder am Kapitalmarkt an, größtenteils in festverzinsli- chen Papieren wie Staatsanleihen. Deren Wert schwankt. Sinken die Zinsen, steigt der Wert älterer, höher verzinster Staatsanleihen in den Büchern des Unternehmens. Am Markt könnte der Versicherer sie für mehr Geld verkaufen, als er für sie bezahlt hat. Diese Differenz zwischen Kauf- und Marktpreis wird als Bewertungsreserve bezeichnet. Ausscheidende Kunden waren bis zu einer Gesetzesänderung 2014 daran in jedem Fall anteilig zur Hälfte zu beteiligen. Entsprechend hoch fielen in der Niedrigzins-Phase die Ausschüttungen aus.
Klassische Renten- und Lebensversicherungen leiden selbst unter der Zinsflaute: Die Versicherer können die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit kaum noch am Kapitalmarkt erwirtschaften. Die Leidtragenden sind die vielen Versicherten, deren Verträge noch länger laufen. Wenn die Assekuranzen hochprozentige Papiere jetzt verkaufen müssen, um scheidende Kunden an den üppigen Reserven zu beteiligen, geht das in der Zukunft zu ihren Lasten.
Die Assekuranzen dürfen Kursgewinne aus festverzinslichen Wertpapieren nur noch in dem Maße ausschütten, wie Garantiezusagen für die übrigen Versicherten sicher sind. Für Aktien und Immobilien gilt diese gesetzlich verordnete Kappung nicht. Den größten Teil der Kundengelder legen Versicherer aber in festverzinslichen Papieren an.
In den Vorinstanzen hatte der Bund der Versicherten (BdV) keinen Erfolg. Der Gesetzgeber habe „gewichtige Interessen des Allgemeinwohls“verfolgt, urteilte zuletzt das Landgericht Düsseldorf. Die „Grenze der Zumutbarkeit“sei nicht überschritten. Die BGH-Richter scheinen diese Auffassung zu teilen. In der Verhandlung bemängelte der Senat aber, dass das Landgericht nicht geprüft habe, ob die Kürzungen im konkreten Fall wirklich durch die wirtschaftliche Situation der Versicherung gerechtfertigt waren.
Die Frage dürfte die Gerichte noch etwas beschäftigen. Der BGH will am 27. Juni sein Urteil verkünden. Aller Voraussicht nach muss sich das Landgericht den Fall dann erneut vornehmen. Der BdV ist bereit zur Verfassungsklage.
Viele Menschen schließen eine Lebensversicherung ab, um neben der gesetzlichen Rente ein Zusatzplus im Alter zu haben. Der Versicherte spart mit einer Kapitallebensversicherung oder einer privaten Rentenversicherung Geld an, welches er nach Ablauf des Vertrages ausbezahlt bekommt – entweder als einmaligen Betrag oder als lebenslange Zahlung. Eine Lebensversicherung sichert zusätzlich beim Tod des Versicherten ab. Die Hinterbliebenen erhalten das Geld.