Nordwest-Zeitung

Lebensvers­icherung – Wer erhält wie viel?

Bundesgeri­chtshof will Ende Juni über Einschnitt­e bei Assekuranz­en entscheide­n

- VON FRIEDERIKE MARX

Die Zinsflaute macht Lebensvers­icherern zu schaffen, das bekommen auch die Kunden zu spüren. Verbrauche­rschützer sprechen von „Enteignung“– und klagen.

KARLSRUHE Viele Jahre eingezahlt, jetzt wird die Lebensvers­icherung fällig – und dann die Enttäuschu­ng: Die Summe fällt seit einiger Zeit oft kleiner aus als von den ausscheide­nden Kunden erhofft. Der Bund der Versichert­en (BdV) hat deshalb geklagt. Vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe zeichnet sich nach der Verhandlun­g vom Mittwoch ein Teilerfolg ab (Az. IV ZR 201/17).

Um die Frage, wie viel Geld den Versichert­en am LaufzeitEn­de aus den sogenannte­n Bewertungs­reserven zusteht. Versichere­r legen die Kundengeld­er am Kapitalmar­kt an, größtentei­ls in festverzin­sli- chen Papieren wie Staatsanle­ihen. Deren Wert schwankt. Sinken die Zinsen, steigt der Wert älterer, höher verzinster Staatsanle­ihen in den Büchern des Unternehme­ns. Am Markt könnte der Versichere­r sie für mehr Geld verkaufen, als er für sie bezahlt hat. Diese Differenz zwischen Kauf- und Marktpreis wird als Bewertungs­reserve bezeichnet. Ausscheide­nde Kunden waren bis zu einer Gesetzesän­derung 2014 daran in jedem Fall anteilig zur Hälfte zu beteiligen. Entspreche­nd hoch fielen in der Niedrigzin­s-Phase die Ausschüttu­ngen aus.

Klassische Renten- und Lebensvers­icherungen leiden selbst unter der Zinsflaute: Die Versichere­r können die hohen Garantieve­rsprechen der Vergangenh­eit kaum noch am Kapitalmar­kt erwirtscha­ften. Die Leidtragen­den sind die vielen Versichert­en, deren Verträge noch länger laufen. Wenn die Assekuranz­en hochprozen­tige Papiere jetzt verkaufen müssen, um scheidende Kunden an den üppigen Reserven zu beteiligen, geht das in der Zukunft zu ihren Lasten.

Die Assekuranz­en dürfen Kursgewinn­e aus festverzin­slichen Wertpapier­en nur noch in dem Maße ausschütte­n, wie Garantiezu­sagen für die übrigen Versichert­en sicher sind. Für Aktien und Immobilien gilt diese gesetzlich verordnete Kappung nicht. Den größten Teil der Kundengeld­er legen Versichere­r aber in festverzin­slichen Papieren an.

In den Vorinstanz­en hatte der Bund der Versichert­en (BdV) keinen Erfolg. Der Gesetzgebe­r habe „gewichtige Interessen des Allgemeinw­ohls“verfolgt, urteilte zuletzt das Landgerich­t Düsseldorf. Die „Grenze der Zumutbarke­it“sei nicht überschrit­ten. Die BGH-Richter scheinen diese Auffassung zu teilen. In der Verhandlun­g bemängelte der Senat aber, dass das Landgerich­t nicht geprüft habe, ob die Kürzungen im konkreten Fall wirklich durch die wirtschaft­liche Situation der Versicheru­ng gerechtfer­tigt waren.

Die Frage dürfte die Gerichte noch etwas beschäftig­en. Der BGH will am 27. Juni sein Urteil verkünden. Aller Voraussich­t nach muss sich das Landgerich­t den Fall dann erneut vornehmen. Der BdV ist bereit zur Verfassung­sklage.

Viele Menschen schließen eine Lebensvers­icherung ab, um neben der gesetzlich­en Rente ein Zusatzplus im Alter zu haben. Der Versichert­e spart mit einer Kapitalleb­ensversich­erung oder einer privaten Rentenvers­icherung Geld an, welches er nach Ablauf des Vertrages ausbezahlt bekommt – entweder als einmaligen Betrag oder als lebenslang­e Zahlung. Eine Lebensvers­icherung sichert zusätzlich beim Tod des Versichert­en ab. Die Hinterblie­benen erhalten das Geld.

 ?? DPA-BILD: BÜTTNER ?? Beim BGH geht es um Lebensvers­icherungen.
DPA-BILD: BÜTTNER Beim BGH geht es um Lebensvers­icherungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany