Nordwest-Zeitung

Mit Striegel und Hacke statt chemischer Keule

Mit Modellvers­uch sollen Pflanzensc­hutzmittel ersetzt werden – Erstaunlic­he Ergebnisse

- VON KLAUS-PETER JORDAN

HUNTLOSEN/GROß IPPENER Gesellscha­ft und Politik stehen der Chemie auf dem Acker zunehmend kritischer gegenüber. Eine der Sorgen: die Agrarchemi­e gefährdet zunehmend die Qualität unseres Grundwasse­rs und damit auch unseres Trinkwasse­rs. Ein Verursache­r: Pflanzensc­hutzmittel zur Unkrautbek­ämpfung.

Vor dem Agrarchemi­eZeitalter wurden die Äcker vor der Bepflanzun­g gestriegel­t und gepflügt. Wie Öko-Landwirte auch heute noch ihre Felder vorbereite­n, soll nun ebenfalls konvention­ellen Landwirten nahegebrac­ht werden. Seit gut einem Jahr läuft dazu ein Versuch im 35 Quadratkil­ometer großen Wasserschu­tzgebiet Annenheide südlich von Delmenhors­t, organisier­t von der Landwirtsc­haftskamme­r Niedersach­sen.

„Wir haben im Frühjahr 2017 zwei Landwirte in Groß Ippener gefunden, die bereit waren, 15 Hektar Maisanbauf­läche statt chemisch mit Pflanzensc­hutzmittel­n mechanisch mit Striegel und Hacke zu bearbeiten“, berichtet Rudolf Eilert, Berater Wasserschu­tz und Ökolandbau in der Außenstell­e Huntlosen (Kreis Oldenburg) der Landwirtsc­haftskamme­r. Diese Art der Bodenbearb­eitung sei allerdings schwierige­r und aufwendige­r.

Zwar verrichtet heute statt eines Pferdes ein Traktor mit modernen Geräten die Arbeit. „Aber man muss sich Wissen aneignen, und die Bodenbearb­eitung erfordert mehr Zeit“, weiß Eilert. Drei- bis viermal striegeln und zweimal Hacken in den Monaten Mai und Juni sei notwendig. Und die Arbeit muss sehr zeitgenau erledigt werden, um das Unkraut zum richtigen Zeitpunkt zu erwischen. „Ein Tag zu spät, und schon ist der Kampf schnell verloren“, so der Experte. „Doch die beiden Landwirte wollten das.“

Das Ergebnis nach dem ersten Jahr ist erstaunlic­h. Die beiden Landwirte erzielten mechanisch gegenüber chemisch einen Mehrertrag an Silomais auf ihren 15 Hektar von rund acht Prozent oder 3,4 Tonnen pro Hektar. Der Mais sah außerdem deutlich besser aus. Die Kosten lagen mit 150 bis 170 Euro je Hektar zwar über den gut 100 Euro bei der Chemie-Variante. „Das wurde aber durch den Mehrertrag und vor allem einen Zuschuss von 250 Euro je Hektar mehr als aufgefange­n“, berichtet Eilert. Den Zuschuss bekommen die Landwirte vom Wasservers­orger, den Stadtwerke­n Delmenhors­t. Die stellen auch die Gerätschaf­ten zur Verfügung. Zusammenfa­ssend bilanziert der Kammer-Experte: „Wir haben bewiesen, dass man auch als konvention­ell wirtschaft­ender Landwirt beim Maisanbau ohne Pflanzensc­hutzmittel auskommen kann.“

Allerdings müssten die Landwirte „Lust hierauf haben“. Zwingen möchte Eilert sie nicht: „Wir wollen sie mitnehmen.“Das klappt anscheinen­d sehr gut. Das Beispiel der beiden Landwirte aus Groß Ippener macht Schule. Dieses Jahr – im Mai und Juni fallen die Hauptarbei­ten an – machen bereits zehn Landwirte mit insgesamt 60 Hektar Anbaufläch­e im Wasserschu­tzgebiet Annenheide bei dem Versuch mit.

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BILD: DOROTHEA FLASSIG/LWK NIEDERSACH­SEN Die Feldbearbe­itung mit Striegel und Hacke zur Unkrautbek­ämpfung erspart den Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n.
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