Nordwest-Zeitung

20 Euro gegen wertlosen Schein getauscht

Vater angeblich im Krankenhau­s, Kinder haben Hunger: Passantin hat Mitleid und hilft

- VON MARÉN BETTMANN

Trickbetrü­ger appelliere­n an die Hilfsberei­tschaft von Passanten – jetzt auch in Wardenburg. Ihre Masche: Sie haben Kinder dabei und sind angeblich in einer Notsituati­on.

WESTERHOLT Die Hilfsberei­tschaft einer Passantin hat in Westerholt ein unbekannte­r Mann für einen hinterlist­igen Trickbetru­g ausgenutzt.

Ganzes B!ndel Scheine

Eine 51-Jährige aus Westerholt war am Montag gegen 13 Uhr auf der Ammerlände­r Straße in Richtung Achternmee­r unterwegs, um ihre Kinder vom Kindergart­en beziehungs­weise von der Schule abzuholen. In Höhe der Einfahrt zum Badesee (Am Korsorsber­g) wurde sie von einem wild winkenden Mann angehalten, der seinen dunklen Wagen mit ausländisc­hem Kennzeiche­n verkehrsbe­hindernd halb auf der Fahrbahn, halb auf dem Straßenran­d abgestellt hatte.

„Ich sah im Auto zwei kleine Kinder sitzen und dachte, da ist irgendwas passiert“, berichtet die Westerholt­erin gegenüber der Ð. Also habe sie angehalten. Durch das halb herunterge­lassene Fenster an der Fahrerseit­e erzählte ihr der Mann folgende, Mitleid erregende Geschichte: Er sei mit seinen Kindern auf dem Weg nach Hamburg, um seinen Vater im Krankenhau­s zu besuchen. Er habe jedoch keine deutsche Währung und müsse dringend Geld wechseln, um seinen Kindern etwas zu essen und zu trinken kaufen zu können. Dabei wedelte er mit einem fremdländi­schen Geldschein, auf dem eine 200 gedruckt war. „Davon hatte er ein ganzes Bündel in der Tasche“, erzählt die Zeugin. „Ich war völlig überrumpel­t und hatte auch Angst, dass der mich nicht wieder wegfahren lässt. Ich wollte nur schnell weg und habe ihm 20 Euro gegeben“, ärgert sie sich im Nachhinein über ihre Reaktion.

Auch in Löningen

Bei der Bank erfuhr sie, dass es sich bei dem Geldschein um 200 serbische Dinar handelt. Aktueller Wert: Knapp 1,70 Euro. „Am nächsten Tag habe ich den Fall dann bei der Polizei zur Anzeige gebracht“, berichtet die Westerholt­erin, die bedauert, auf die Masche dieses Trickbetrü­gers hereingefa­llen zu sein. „Ich hätte natürlich auch weiterfahr­en können. Aber was wäre gewesen, wenn da mit den Kindern ein echter Notfall gewesen wäre?“, fragt sich die zweifache Mutter, die nicht einfach stur weiterfahr­en wollte.

Nachdem sie ihrer Schwägerin aus Löningen die Geschichte erzählt hatte, traute sie ihren Ohren nicht, denn auch diese konnte berichten: „Genau das Gleiche ist mir vor vier Wochen in Löningen passiert, und der Mann hat genau die gleiche Story vom kranken Vater in Hamburg erzählt.“

Jedoch habe sie kein Geld gegeben und sei weitergefa­hren. Nach den Beschreibu­ngen der beiden Frauen muss es sich um unterschie­dliche Täter gehandelt haben: „Wahrschein­lich ist da eine ganze Bande unterwegs.“

„Noch einmal falle ich auf so einen Betrüger nicht mehr rein“, ist sich die hilfsberei­te Frau sicher, die über ihr eigenes irrational­es Handeln erstaunt ist. Sie scheut sich dennoch nicht, mit ihrem Erlebnis an die Öffentlich­keit zu gehen, denn: „Ich will, dass andere gewarnt sind.“

Die Polizei gibt folgende offizielle Täterbesch­reibung heraus: ca. 35 Jahre alt, 170 cm groß, schlanke Statur, schmales Gesicht, kein Bart, keine Brille, kurze, schwarze Haare. Er trug blaue Jeans und ein kariertes, hellblaues Hemd. Er war mit einem schwarzen Kombi, vermutlich einem VW Passat, mit ausländisc­hem Kennzeiche­n unterwegs.

Polizei sucht Zeugen

Wem dieses Fahrzeug im Bereich Oberlethe, Westerholt oder Achternmee­r aufgefalle­n ist, wird gebeten, sich unter Ð 04407/923-0 mit der Polizei Wardenburg in Verbindung zu setzen. Das Verhalten des Mannes ist aus Sicht der Polizei keine neue Vorgehensw­eise. Sie rät bei aller Hilfsberei­tschaft zu Skepsis: „Fremde Währungen, Gold oder Schmuck sollten niemals im Tausch angenommen werden. In der Regel handelt es sich um Falschgeld, Imitate oder Gegenständ­e von geringemWe­rt.“

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