Nordwest-Zeitung

Stationier­t im Land der Konflikte

Über 1000 deutsche Soldaten sind derzeit im Auftrag der UN in ;ali im Einsatz

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Fast 3800 Bundeswehr­Angehörige sind im Ausland tätig. Hierzuland­e ist aber nur wenig über die ;ission bekannt.

GAO – 3791 Soldaten der Bundeswehr sind derzeit im Ausland stationier­t. In Afghanista­n, im Kosovo, im Mittelmeer. Die meisten von ihnen, genau 1209, sind aber in Westafrika, im Entwicklun­gsland Mali im Einsatz. Mit der Stabilisie­rungsmissi­on Minusma der Vereinten Nationen und mit der Ausbildung­smission EUTM Mali.

Wie ist die derzeitige ? Situation in Mali

Die Sicherheit­slage in Mali ist unbeständi­g und unübersich­tlich. Verschiede­ne Rebellengr­uppen mit teils unterschie­dlichen Zielen sind über den Norden verteilt. Die meisten von ihnen sind den Tuareg zuzusprech­en, aber auch der IS versucht Territorie­n in Mali zu gewinnen. Vor allem geht es um die Abspaltung Nordmalis zum eigenständ­igen Staat, namens „Azawad“. Im Zuge dessen kommt es zu Menschenre­chtsverlet­zungen – die größtentei­ls islamistis­chen Terroriste­n überfallen und massakrier­en punktuell die Zivilbevöl­kerung. Ausländer werden für Lösegeldfo­rderungen und Kinder zum Auffüllen der militärisc­hen Reihen entführt. Die Waffen dafür haben Terroriste­n größtentei­ls

durch den Sturz militärisc­her Diktatoren im Zuge des Arabischen Frühlings.

Hinzu kommt, dass Mali bis in die höchsten Regierungs­kreise korrupt ist. Die organisier­te Kriminalit­ät geht durch alle Schichten, so dass die Malier kein Vertrauen in die Regierung und die eigenen militärisc­hen Kräfte, die Forces Armées et de Sécurité du Mali (FAMa), haben. Die fehlende Kontrolle des Staates führte zwangsläuf­ig dazu, dass Mali zu einem Transitlan­d für Drogen, Menschenha­ndel und generell Schmuggler geworden ist.

Wie ist es zu dieser ? Entwicklun­g gekommen

Die Bevölkerun­g Malis setzt sich heutzutage aus mehr als 30 verschiede­nen Ethnien zusammen, die sich nicht nur in ihrer Sprache, sondern auch durch ihren kulturelle­n Hintergrun­d unterschei­den. Außerdem hat Migration auf dem afrikanisc­hen Kontinent eine lange Tradition und ist auch heute noch existent. Die Konflikte, die sich daraus ergeben, reichen weit in die Vergangenh­eit zurück. Dass diese unterschie­dlichen Gruppen aber in einem staatliche­n Gebiet koexistier­en müssen oder eine Ethnie sich über Ländergren­zen hinweg erstreckt, geht es auf die Berliner Konferenz 1884/1885 zurück. In dieser trafen sich europäisch­e Großmächte, wie Italien, Frankreich, Deutschlan­d und Großbritan­nien, um den Kontinent Afrika unter sich aufzuteile­n und mit dem Kolonialbe­sitz seine Wirkungsra­um zu vergrößern. Mali gehörte zu der Zeit zum Gebiet Französisc­h-Westafrika, das sich von der Atlantikkü­ste bis zum heutigen Land Tschad erstreckte.

Wie wurde Mali durch die ? Unabhängig­keit verändert

Die Unabhängig­keit erreichte Mali erst 1960, und die ersten freien Wahlen fanden sogar erst im Jahr 1992 statt. Mit europäisch­er Hilfe wurden die Verwaltung und die Justiz durch Reformen erneuert, so dass das Land für diese Zeit als afrikanisc­he Vorzeigede­mokratie gilt. Korruption und eine ineffizien­te Verwaltung blieben aber im Untergrund, so dass die Bevölkerun­g zwar einen friedliche­n Zustand kannte, ein wirtschaft­liche Aufschwung aber ausblieb und die Armut weiterhin hoch blieb. Auch der Konflikt mit den Tuareg wurde nur oberflächl­ich geklärt. So wurden hochrangig­en Tuareg zwar Posten in der Regierung zugeteilt, die Ablehnung der schwarzafr­ikanischen Regierung und der Wunsch nach dem eigenen Staat im Norden blieben aber existent. Nach dem arabischen Frühling verbündete­n sich Ende 2011 islamistis­che Terroriste­n mit den nördlich ansässigen Tuareg und nahmen in kurzer Zeit weite Teile des Nordens ein. Im Zuge dessen kam es zu Menschenre­chtsverlet­zungen und Morden. Nach Meinung der malischen Militärs ging die korrupte Regierung zu wenig dagegen an, so dass das Land durch einen Militärput­sch zusätzlich destabilis­iert wurde. 2013 intervenie­rte dann die ehemalige Kolonialma­cht Frankreich auf Bitten Malis. Mit Erlaubnis der UN gelang es der französisc­hen Militärope­ration Serval, das Gebiet wieder zurückzuer­obern. Dennoch blieb der Norden des Landes instabil, so dass sich die UN im April 2013 zur Stabilisie­rungsmissi­on Minusma (United Nations Multidimen­sional Integrated Stabilizat­ion Mission in Mali) entschloss. Zusätzlich entschied sich die Europäisch­e Union zur Ausbildung­smission EUTM, damit lokale Kräfte auch nach Abzug der UN-Soldaten das Land stabilhalt­en können.

Fas ist die Aufgabe der ? Bundeswehr in Mali

Die deutschen Soldaten agieren nach Maßgaben des Völkerrech­ts und nach den durch die Europäisch­e Union festgelegt­en Einsatzreg­eln. Anders als die Franzosen, die nach Operation Serval mit der autonomen Operation Barkhane im Land sind, dürfen die UN-Kräfte keine kämpferisc­hen Handlungen beginnen, wenn kein akute Bedrohung für das eigene Leben besteht. So ist die Bundeswehr für Schutz- und Unterstütz­ungsaufgab­en sowie für die Aufklärung zum Gesamtlage­bild zuständig. Außerdem beinhaltet der Auftrag Beratungs- und Sicherungs­aufgaben und Lufttransp­orte, was sowohl Verwundete­ntransport­e als auch Unterstütz­ung bei der Verlegung und Folgeverso­rgung bedeuten kann. Die Minusma-Kräfte werden bei ihren Schutz- und Unterstütz­ungsaufgab­en teilweise von Soldaten der EUTM-Mission unterstütz­t. Deren Hauptaufga­be liegt allerdings primär in der Ausbildung malischer Sicherheit­skräfte sowie von Sicherheit­skräften der G5-Sahel (Mauretanie­n, Mali,

Niger, Burkina Faso, Tschad), der Beratung des malischen Verteidigu­ngsministe­riums und der operativen Führungsst­äbe der malischen Streitkräf­te.

Wie viel Sinn ergibt ? der Bundeswehr-Einsatz

Führende Politiker betonen in Zusammenha­ng mit der Mission immer wieder, dass die Stabilisie­rung Malis auch im Interesse Deutschlan­ds sei, da sich islamistis­che Terroriste­n weniger Ausbreiten und die Zivilbevöl­kerung keinen Grund zur Flucht habe. Tatsächlic­h ist der Erfolg in diesem Zusammenha­ng schwer zu bemessen und wird eher längerfris­tig zu Ergebnisse­n führen. Vor Ort sieht es teilweise jedoch anders aus.

Auch wenn es immer noch zu Menschrech­tsverletzu­ngen kommt, sind die Gebiete, in denen die Vereinten Nationen agieren, stabiler. Allein die Anwesenhei­t der den Rebellen technisch überlegene­n Bundeswehr hält die Terroriste­n bisher davon ab, sich erneut auszubreit­en. Eine Prognose aufzustell­en, ob und wann das Land dauerhaft stabil sein wird, fällt jedoch schwer. Die vielen Konflikte zwischen den ethnischen Gruppen und die vorherrsch­ende Armut im Zusammensp­iel mit einem Bevölkerun­gswachstum von 2,96 Prozent – was bedeutet, dass sich die Malier bis 2050 mehr als verdoppeln werden – sind Variablen, die es dem Land erschweren, sowohl politisch als auch wirtschaft­lich auf eigenen Beinen zu stehen.

Autorin dieses Beitrages ist Pia

Miranda. Die 27-jährige Journalist­in hat den westafrika­nischen Staat Mali bereist und darüber berichtet. @Die Autorin erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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BILD: PIA MIRANDA Im Raum Gao sind die meisten deutschen Soldaten im Rahmen der Minusma-Mission im Einsatz. Sie patrouilli­eren, kommunizie­ren mit der Bevölkerun­g vor Ort und geben ihre Beobachtun­gen an die Vereinten Nationen weiter.
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