Räuberchens Mondfahrt
So viel Otfried Preußler steckt im neuen „Hotzenplotz“
Ist die neue PreußlerRäuberpistole ein richtig guter Schuss? Darüber darf man bis zuletzt zu Recht geteilter Meinung sein.
OLDENBURG Was einmal klappt, klappt auch ein zweites Mal! So ist das erste Kapitel des neuen Räuber Hotzenplotz von Otfried Preußler überschrieben. Und beim Lesen des 60-seitigen KasperleStücks wird klar: Das stimmt (traurigerweise) vielleicht gleich in zweifacher Hinsicht.
Als „Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“erscheint, ist Preußler bereits seit fünf Jahren tot. Die Ankündigung, dass es neben den drei Bänden nach 45 Jahren eine gänzlich neue Geschichte über den grummeligen Räuber mit den sieben Messern am Hosenbund und der Pfefferpistole in der Hand geben würde, elektrisierte die Hotzenplotz-Gemeinde.
Preußlers Tochter, die Kulturwissenschaftlerin Susanne Preußler-Bitsch, hatte das gefundene Fragment zu einem 60-seitigen Buch gemacht. Aufgrund der nahezu frenetischen Begeisterung, die die Ankündigung des neuen Werkes auslöste, brachte der Thienemann-Verlag das Buch sogar eher heraus als geplant.
Doch ganz so neu, wie angekündigt, ist die Geschichte wohl nicht. Bereits 1969 war das Stück unter dem Titel „Die Fahrt zum Mond, Ein Kasperlspiel von Otfried Preußler“im Reader’s Digest Jugendbuch 10 erschienen. Das war aufmerksamen Preußler-Fans aufgefallen.
Der Verlag will nichts von der früheren Veröffentlichung gewusst haben. Nicht alle sind davon überzeugt. Was einmal klappt, klappt auch ein zweites Mal! Enttäuschte „Räuber“-Leser unken, dass man es hier wohl eher mit einem entlarvenden Bekenntnis aus dem Verlagsmarketing als mit den Eröffnungsworten einer neuerlichen erfolgreichen Räuberjagd zu tun hat.
Aber wie viel Preußler ist nun wirklich drin, im neuen Hotzenplotz? Die Geschichte ist schnell erzählt. Wie gewohnt beginnt und endet das Abenteuer im Häuschen von Kasperls Großmutter.
Der Räuber Hotzenplotz, seines Zeichens gefährlichster Räuber im Landkreis, ist aus der Haft im Spritzenhaus entkommen. Und während sich der vertrottelte Wachtmeister Dimpfelmoser lieber in der Polizeiwache versteckt, rücken Kasperl und Seppel zur Räuberjagd aus. Mit einer List fangen sie den Schurken in zusammengeklebten Pappkartons, ihrer Mondrakete.
Alles Weitere reiht sich ein in die Erzählungen von Otfried Preußler, inklusive der bei Kindern beliebten Namensdreher: Hotzenplotz macht den Dimpfelmoser zum Wachtmoser, Kasperl und Seppel lachen über den gefangenen „Hopsenklotz“.
Begriffen wie Blödian oder Halunke hört man an, aus welcher Zeit das Abenteuer stammt. Den schwersten Job beim Hotzenplotz-Revival hatte Illustrator Thorsten Saleina. Die Schwarz-WeißZeichnungen der drei vorherigen Bände von Franz Josef Tripp (1915–1978) haben aus dem Räuber erst den Star im Kinderzimmer gemacht.
Aber auch hier gilt das Motto: Was einmal klappt, klappt auch ein zweites Mal! Die Zeichnungen muss man einfach lieben. Mit ihnen kehrt dann doch das wohlige Hotzenplotz-Gefühl zurück.
Das Buch „Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“ist im Stuttgarter Verlag Thienemann-Esslinger erschienen (64 Seiten, 12 Euro).