Nordwest-Zeitung

Gesellscha'tsporträt als Thriller

Greg Iles schließt sein Meisterwer­k über Kleinstadt Natchez ab

- VCN ADEL KNENAGEL

Greg Iles: „Die Sünden von Natchez“, Verlag Rütten und Loening, Berlin, 8B1 Seiten, 24 Euro. BERLIN Die Kleinstadt Natchez im US-Bundesstaa­t Mississipp­i, ist der Schauplatz einer komplexen Erzählung, die der Schriftste­ller Greg Iles (58) in drei massiven Romanen ausgebreit­et hat. Nach „Natchez Burning“und „Die Toten von Natchez“liegt nun mit „Die Sünden von Natchez“der abschließe­nde Band der Trilogie in deutscher Übersetzun­g vor.

In den drei Romanen erzählt Iles über fast 3000 Seiten am Beispiel einer Familie, wie sehr das Erbe von Rassismus, Gewalt und Selbstjust­iz in der modernen Gesellscha­ft der amerikanis­chen Südstaaten nachwirkt. Im Mittelpunk­t der Erzählung steht die komplizier­te Vergangenh­eit der Familie Cage.

Ausgangspu­nkt der Handlung ist der Verdacht, dass Tom Cage, ein hoch angesehene­r Arzt, die Krankensch­wester Viola Turner ermordet haben soll. Der Grund dafür soll eine 50 Jahre zurücklieg­ende Affäre der beiden sein. In den 60er Jahren, als die Bürgerrech­te der Afroamerik­aner noch stark umkämpft waren, war eine solche Beziehung höchst umstritten.

Durch diesen Handlungss­trang bestätigt Iles, dass ein legendärer Satz von William Faulkner weiterhin gilt. Der bislang bedeutends­te Schriftste­ller des amerikanis­chen Südens hatte einst gesagt: „Im Süden ist die Vergangenh­eit nicht tot. Sie ist noch nicht einmal vergangen.“Faulkner bezog sich damals auf das direkte Erbe von Sklaverei, Gewalt und Rechtsbeug­ung. Iles zeigt in den Romanen seiner Trilogie, wie zwei Generation­en später die Bürgerrech­tsbewegung und ihr Versuch, das düstere Erbe zu überwinden, die ganze Gesellscha­ft prägt.

Der Erzähler von „Die Sünden von Natchez“ist wie in den früheren Romanen der Reihe Penn Cage, ein ehemaliger Anwalt, der jetzt Bürgermeis­ter des Ortes ist. Cage versucht, seinen Vater vor dem Gefängnis zu bewahren, muss aber feststelle­n, dass sein Vater die Zusammenar­beit verweigert.

Unterstütz­ung bekommt Penn Cage von Serenity Butler, einer Journalist­in, die über die Geschichte der sogenannte­n Doppeladle­r recherchie­rt. Diese Geheimorga­nisation, ein radikaler Ableger des Ku Klux Klan, hatte schon in „Die Toten von Natchez“eine zentrale Rolle gespielt, da sie seit Jahrzehnte­n für viele Morde und andere rassistisc­he Gewalttate­n verantwort­lich ist.

Cage und Butler entdecken viele Geheimniss­e aus der Vergangenh­eit der Doppeladle­r. Unter anderem, dass auch Viola Turner in den 60er Jahren im Visier der Doppeladle­r gestanden hatte. Hatte sie die Rassisten wieder auf sich aufmerksam gemacht, als sie kurz vor ihrem Tod nach Jahrzehnte­n wieder nach Natchez zurückgeke­hrt warS Während Penn Cage diese Hintergrün­de erforscht, steht sein Vater vor Gericht.

Die drei Romane von Greg Iles’ Natchez-Trilogie bieten eine vielschich­tige Erzählung über eines der großen Probleme der amerikanis­chen Gesellscha­ft. Jeder Band kann unabhängig von den anderen gelesen werden und ist in sich geschlosse­n. Am lohnendste­n ist natürlich, die äußerst lesenswert­e Trilogie der Reihe nach zu lesen.

Die Verstricku­ng der Familie Cage in die Folgen der rassistisc­hen Vergangenh­eit des amerikanis­chen Südens ist in den Romanen von Greg Iles zu einem komplexen Meisterwer­k geworden. Mit der Trilogie hat Iles spektakulä­re Thriller veröffentl­icht, die zugleich spannend und voller Einsichten in die gesellscha­ftliche Realität sind.

 ?? DPA-BILD: MARK ILES ?? Legt erneut einen grandios geschriebe­nen Roman vor: der Schriftste­ller Greg Iles. Kleines Bild: der Umschlag des neuen Buches
DPA-BILD: MARK ILES Legt erneut einen grandios geschriebe­nen Roman vor: der Schriftste­ller Greg Iles. Kleines Bild: der Umschlag des neuen Buches
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