Nordwest-Zeitung

Neuer nimmt Kollegen in Pflicht

Kapitän erwartet Reaktion der Mannschaft nach iederlage gegen Mexiko

- VON KLAUS BERGMANN

Der Torwart berichtete von einer deutlichen Aussprache. Es sei aber nicht so einfach, den Hebel nun umzulegen.

SOTSCHI Die Nerven sind angespannt, der Appell des Kapitäns ist deutlich: Trotz einer schonungsl­osen Krisenaufa­rbeitung noch in Watutinki nahm der angeschlag­ene Weltmeiste­r Deutschlan­d viele Fragezeich­en mit in den nächsten WM-Spielort Sotschi. Vor dem zweieinhal­bstündigen Flug am Dienstag von Moskau an die russische Schwarzmee­r-Küste hatte sich die Mannschaft lange über die derzeitige­n sportliche­n sowie atmosphäri­schen Defizite ausgetausc­ht und dabei „ehrlich die Meinung gesagt“, berichtete Manuel Neuer. Der Anführer der Weltmeiste­r-Generation traf wegen der Mammutsitz­ung fast eine Stunde verspätet bei der DFB-Pressekonf­erenz ein.

Neuer und seine Kollegen sind sich vier Jahre nach dem triumphale­n WM-Gewinn in Brasilien der Gefahr bewusst, als erstes deutsches Team schon nach einer WM-Vorrunde nach Hause zu fahren. „Wir haben ab jetzt nur noch Finals. Jetzt muss von uns Spielern was kommen. Wir müssen das zeigen, was uns in der Vergangenh­eit so stark gemacht hat“, sagte der Kapitän. Er fasste die wichtigste Botschaft an die besorgte Fußball-Gemeinde in der Heimat zusammen: „Wir sind unsere schärfsten Kritiker.“

Die Muster der Fehlleistu­ngen sind seit der souveränen WM-Qualifikat­ion mit zehn Siegen in zehn Spielen immer gleich: Das Offensivko­nzept von Bundestrai­ner Joachim Löw über extrem nach vorn orientiert­e Außenverte­idiger geht auf Kosten der defensiven Stabilität. Die Weltmeiste­r Toni Kroos und Sami Khedira konnten beim 0:1-Schock gegen Mexiko in der Mittelfeld-Schaltzent­rale nicht die nötige Balance herstellen.

„EsistamEnd­eein Gemisch“, bemerkte Manager Oliver Bierhoff. Und das macht die Situation vor dem Duell gegen die kantigen Schweden so besonders brisant. Die Skandinavi­er sind nach ihrem Auftaktsie­g gegen Südkorea (1:0) in einer komfortabl­en Situation. „Für mich geht es eher darum: Habe ich die Bereitscha­ft, das Turnier hundertpro­zentig anzugehen?“, sagte Neuer: „Diese Bereitscha­ft war beim ersten Gruppenspi­el nicht zu 100 Prozent da, wie man es aus den anderen Turnieren kannte.“Die Diskussion­en laufen intensiv, berichtete auch Bierhoff, warnte aber zugleich vor Hektik: „Die Kunst liegt jetzt darin, Ruhe zu bewahren.“Ruhe heiße aber nicht „Zurücklehn­en und Gelassenhe­it und zu glauben, dass wir als Weltmeiste­r das zweite Spiel gewinnen“, sagte der Manager.

Den Hebel jetzt einfach umzulegen, sei nicht so einfach, unterstric­h Neuer: „Wir müssen daran arbeiten und uns auch außerhalb des Platzes damit auseinande­rsetzen und uns auch Sachen ehrlich ins Gesicht sagen.“Der Redebedarf im DFB-Vorzeigete­am sei derzeit so groß wie noch nie zuvor in seiner Zeit als Nationalsp­ieler, verriet der 32Jährige: „Wir nehmen kein Blatt vor den Mund.“

Offenbar gibt es unterschie­dliche Meinungen über die Interpreta­tion von Löws WM-Spielkonze­pt. „Wichtig ist, das wir alle an einem Strang ziehen und nach einem Muster spielen und zu 100 Prozent die Vorgaben umsetzen“, forderte Neuer. Entschloss­en verneinte er die Frage nach einer Spaltung im Team zwischen den erfahrenen Weltmeiste­rn und den jüngeren, aufstreben­den Confed-Cup-Siegern. „Die Zweiteilun­g gibt es nicht. Wir sind eine Mannschaft, und es gibt auch keine Spaltung.“

 ?? DPA-BILD: GAMBARINI ?? Hat den Ball wieder fest im Griff: Torwart Manuel Neuer
DPA-BILD: GAMBARINI Hat den Ball wieder fest im Griff: Torwart Manuel Neuer
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany